Hamburg. Jürgen Tarrach ist wieder im Lissabon-Krimi zu sehen. Im Interview spricht er über die Reihe, späte Erfolge und sein Körpergefühl.

34 Jahre war Jürgen Tarrach alt, als er 1995 zum ersten Mal eine Rolle im Fernsehen spielte – für eine große Karriere kam das eigentlich zu spät. Und doch: Der aus Geilenkirchen in Nordrhein-Westfalen stammende Tarrach hat es geschafft.

Regelmäßige Rollen im „Tatort“ und in Kinofilmen, Ehrungen mit Grimme- und Fernsehpreis und nun eine feste Rolle als Anwalt im neuen „Lissabon-Krimi“ der ARD. Jürgen Tarrach (58) ist inzwischen einer der gefragtesten TV-Schauspieler des Landes. Ein Gespräch über Klischee-Rollen, Portugal und die Malerei.

Herr Tarrach, in Ihrem Wikipedia-Eintrag steht: „Jürgen Tarrach verkörpert vorwiegend Gestalten der etwas schmierigen Art.“ Wie finden Sie das?

Es gibt so vieles, was über einen geschrieben wird, das perlt an mir ab. Aber es ist nicht sehr charmant. Natürlich habe ich auch schmierige Charaktere gespielt, aber privat bin ich ganz anders, also was soll’s.

Sie selber haben einmal gesagt, Sie seien nicht schön genug für bestimmte Rollen.

Ich empfinde mich nicht als gut aussehenden Mann, aber ich leide darunter nicht. Ich bin mit meinem Äußeren, soweit das möglich ist, im Reinen. Natürlich wäre ich gerne etwas schlanker, aber das wird im Alter immer schwieriger. Und dadurch, dass ich ein markanter Typ bin, belege ich ja auch eine Nische, ein ganz anderes Rollenfach, in das ich im Lauf der Zeit reingewachsen bin.

Wie kam es dazu?

Ich habe schon als junger Schauspieler gespürt, dass meine Zeit erst später kommt. Ich bin kein Schiller-Jüngling. Da gibt es so rasende, entbrannte Helden wie den Mortimer in „Maria Stuart“. Den habe ich mal gespielt, das war ein riesen Reinfall, weil ich das einfach nicht bin. Gott sei Dank war das in meiner Anfängerzeit am Theater, und es erinnert sich heute keiner mehr.

In der Reihe „Der Lissabon-Krimi“ spielen Sie einen portugiesischen Anwalt. Was hat Sie an der Rolle interessiert?

Ich bin dem Mediterranen schon lange verbunden, Frankreich und Italien waren schon immer Sehnsuchtsorte für mich, und ich habe seit Jahren ein Haus in Italien. Bei den Dreharbeiten in Portugal habe ich mich gefühlt wie ein Fisch im Wasser. Ich finde außerdem, dass ich nicht typisch deutsch aussehe und deshalb sehr gut in den Süden passe.

Was beeindruckt Sie an Lissabon?

Die gesamte Atmosphäre mit den zauberhaften Menschen. Die Lissabonner sind gelassen, hilfsbereit, aber auch zurückhaltend und nicht so aufgedreht wie die Italiener. Es ist eine lässige Lebensart, man kann sich in der Stadt treiben lassen, bleibt zwischendurch einfach mal an einem der wunderschönen Jugendstil-Kioske stehen, da kann man einen „Galao“, einen Milchkaffee, oder ein Bier trinken.

Und die Schönheit der Stadt wird noch gesteigert durch die Melancholie, die sie ausstrahlt. Das Licht in Lissabon ist traumhaft. Wenn wir in Deutschland „Fifty Shades of Grey“ haben, dann hat Lissabon 50 Pastelltöne oder mehr.

Hintergrund: Wie Jürgen Tarrach nach dem „Lissabon-Krimi“ entspannt

Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern malen auch. Was reizt Sie am Malen?

Der Hauptgrund des Malens für mich ist, dass es im Gegensatz zur Schauspielerei beruhigt und kontemplativ ist, man kann sich da wunderbar verlieren. Die Motivwahl macht man selber, während man als Schauspieler ja immer von tausend Zufällen abhängig ist: Bekommt man die Rolle? Wer sind die Kollegen und Kolleginnen? Beim Malen ist man nur man selbst.

Frage: Haben Sie in Lissabon auch gemalt?

Ich habe erst später in Deutschland ein Motiv verarbeitet. Ich saß eines Sonntagmorgens in Lissabon, da habe ich unter Platanen gefrühstückt, und aus einem Lautsprecher kam ein Chanson. Es war wahnsinnig schön und traurig, die Sonne schaute auf die weiße Stadt – es war ein sehr melancholischer Moment. Zu Hause habe ich das Plattencover nachgemalt, und jedes Mal, wenn ich mir das Bild jetzt angucke, denke ich an diesen Moment in Lissabon zurück.

• „Lissabon-Krimi: Feuerteufel“, ARD, Donnerstag, 4. April, 20.15 Uhr