Hamburg. Eine Kunstausstellung, die sich mit dem Thema Insektensterben beschäftigt – das klingt erst einmal ungewöhnlich. Doch genau das ist es, was die Künstler Horst Güntheroth und Heinrich Hohenberg bei der Konzeption im Sinn hatten: Sie wollen aufrütteln, auf ein eklatantes Problem hinweisen, zum Handeln auffordern.
Die Exponate für ihre Ausstellung „Verkannt, verachtet, vergiftet. Vom Sterben der Insekten“, die noch bis zum 13. April im Kunstzimmer Eppendorf zu sehen ist, haben sie eigens dafür kreiert. Ein bunter Mix aus 30 Grafiken, Malereien und Objekten, der sich einem globalen Problem widmet. „Wir haben als Künstler ganz neu gearbeitet“, sagt Horst Güntheroth, der sich in seiner Malerei sonst hauptsächlich mit dem Weltall beschäftigt. Heinrich Hohenberg hat seinen künstlerischen Schwerpunkt eigentlich in der digitalen Bildkunst. Mit den Objekten für diese Ausstellung betraten beide neues Terrain.
Ihre ausgestellten Werke sind ein stetes Wechselspiel zwischen Kunst und Information. So lässt eine von den Künstlern gebaute Gasmaske, aus der sich bewegende Insektenaugen leuchten, untermalt von einem schweren, lauten Atmen, das die Galerie erfüllt, den Betrachter erschauern. An einem Kleiderständer hängen billig produzierte T-Shirts, auf denen die Gefahren des Pestizideinsatzes in der Baumwollproduktion abgedruckt sind. Ein großes, übermaltes Foto macht auf die Vielzahl an Insektenvernichtungsmitteln aufmerksam, zwei großformatige Bilder mit einer Blumenwiese – mal mit, mal ohne Schmetterlinge – verdeutlichen die verheerenden Einflüsse der Landwirtschaft auf die Insektenvielfalt.
Künstler sind studierte Naturwissenschaftler
2017 wurden Güntheroth und Hohenberg, beide studierte Naturwissenschaftler, auf eine Untersuchung zum Insektensterben aufmerksam – der Anstoß für die Konzeption der Ausstellung. „Uns wurde die Tragweite bewusst. Wir wollten raus aus dem Elfenbeinturm, in dem jeder Kunst für sich gemacht hat“, sagt Güntheroth. So machen ihre Exponate nicht nur auf ein Problem aufmerksam, das verheerende Folgen für die gesamte Menschheit haben kann, sie verdeutlichen auch, wie Insekten in den Städten wahrgenommen werden: als lästiges Übel, das es zu vernichten gilt.
Das Insektensterben werde deshalb in urbanen Räumen auch kaum wahrgenommen. „Anders als bei einer Flutkatastrophe fühlen und sehen wir die Auswirkungen nicht“, sagt Heinrich Hohenberg. Aber: „Wenn wir weiterleben wollen, müssen wir den Kreislauf erhalten“, mahnt er, während hinter ihm eine überdimensionale Klebefalle baumelt, auf der die Lebewesen abgebildet sind, die den Insekten folgen könnten.
Ein künstlerisches Wachrütteln. Denn am Ende geht das Thema jeden an.
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