Unter Druck hat er die besten Ideen - darunter “Wetten, dass ..?“ und der “Fensterlederschnitt“. Beides noch heute Erfolge. Am Sonnabend moderiert er zum letzten Mal “Verstehen Sie Spaß?“

Er ist ein Unterhaltungstier, einsatzfreudig, ideenreich, neugierig, pflichtbewusst und wagemutig. Der grauhaarige, freundliche Herr mit der Brille, den jemand, der 40 Jahre fern von hier gelebt hat, für den Beamten vom Ortsausschuss halten könnte, ist Deutschlands vielseitigster, kreativster und längstgedienter Showmaster. Am Sonnabend präsentiert er nach sieben Jahren zum letzten Mal "Verstehen Sie Spaß?".

"Aber natürlich höre ich nicht mit dem Fernsehen auf", sagt Frank Elstner. Ob "Quiz der Tiere", "Naturwunder", "Menschen der Woche", Elstner bleibt weiter auf dem Fernsehschirm. Praktisch ist er ja da zu Hause, seit er zum ersten Mal als 16-Jähriger 1958 in der Nachmittagsserie "Grundgesetz" einen Schwererziehbaren spielte.

Von Jugend an wollte Elstner nichts anderes, als "die Menschen zu unterhalten". Schon als Kind musste er überall etwas vortragen. Ein Frankieboy war Frank Elstner allerdings nie. Obwohl auch Elstner in seinem gesamten Auftreten immer den Eindruck eines hundertprozentigen Profis vermittelt. Aber er war kein Schmuser, Mister Charming oder Schwiegermutters Liebling. Er war ein Ideen-Vulkan. "Ich nehme an, das kommt, weil man mir in meiner Jugend zu oft gesagt hat, 'das geht nicht' das machen wir nicht'. Dieses dauernde Eingezwängtsein in ein Korsett hat mich wahrscheinlich so aufgeregt, dass ich neugierig geworden bin und mir Möglichkeiten für Schlupflöcher gesucht habe. Ich musste Ideen haben. Von 100 kann man zwar 99 wegwerfen, aber die Hunderste funktioniert." Als 14-Jähriger - und das ist nun ausnahmsweise mal keine Spielidee - hat er einen "Fensterlederschnitt" erfunden. Damals wurden Fensterleder in großen, unansehnlichen Stücken verkauft, die man sich selbst zurechtschneiden musste. "Ich hab mir überlegt, dass man die Dinger klein schneiden, bügeln, zusammenlegen und in Folie verpacken kann", erzählt er. Nun raten Sie mal, was man heute noch kauft?

Frank Elstner verfügt über eine unerhört tolle Mikrofonstimme. Und er sieht aus wie der nette Nachbar, dem man gerne sein Haus überlassen würde, wenn man in Urlaub fährt. Der nichts kaputt macht und bei der Rückkehr die Post sortiert übergibt. Vielleicht ist das ein Teil des Geheimnisses seines Erfolges: Frank Elstner ist der Jedermann im Rampenlicht. Der Normalmensch, der seine Aufgabe im Fernsehen geschmeidig erfüllt, ohne Peinlichkeiten, Krach oder Stottern. Jedem, der in seine Sendungen kommt, versteht er das Gefühl zu geben, bei Frank sei er gut aufgehoben. Das schafft diesen ungeheuren Publikumseffekt, das Gefühl, selbst wenn etwas schiefgeht, Elstner wird's schon richten. "Ich bin auch während meiner Arbeit Konsument und versuche, mich mit der Rolle des Zuschauers zu identifizieren", sagt er. Dabei ist der 67-Jährige, der seit 57 Jahren im Geschäft ist, alles andere als Durchschnitt. Er ist ein Ausnahmetalent, hat Fernsehen und Rundfunk mehr beeinflusst als jeder andere Medienmensch hierzulande. Menschlichkeit und Professionalismus sind die Eckpfeiler im Leben des Frank Elstner.

"Ich möchte, ohne allzu große Opfer bringen zu müssen, vielen gefallen und habe sicher eine besondere Begabung zur Gefälligkeit." Frank Elstner ist ein Meister der Selbstzucht. Fleißig, souverän, professionell bis zum Perfektionismus. "Meine Arbeit ist mein Leben", sagt er. Man muss ihn sich wie ein Pendel vorstellen, ständig in Schwingung zwischen den beiden Polen Kreativität und Disziplin. Beides exerziert er bis zum Äußersten. Seit er 1981 - diese Anekdote hat er oft erzählt - nachts um drei am Küchentisch das Konzept von "Wetten, dass ..?" erfunden und die Moderation der Sendung nach sechs Jahren abgegeben hat, gilt er als Frühvollendeter. Elstner hatte 1987 schon eine mehr als 20 Jahre währenden Karriere als Rundfunk- und Fernsehmann hinter sich. Die Kinderjahre nicht eingerechnet.

Im Alter von zehn Jahren hatte der Junge, der damals noch Tim Maria Franz Elstner hieß, sein Debüt als Hörfunksprecher beim NWDR, als "Bambi", und blieb dann beim Kinderfunk. "Ich kam ja aus einer Künstlerfamilie, bin im Umfeld der Garderobe groß geworden. Als Kind habe ich mich immer wichtig gemacht, indem ich Theater gespielt habe. Mit 14 Jahren habe ich sogar ein Schwarzwald-Musical geschrieben, das in einer großen Halle in Rastatt aufgeführt wurde."

Elstners Mutter war eine sehr erfolgreiche Tänzerin, der Vater Operettenbuffo, der als Besitzer eines kleinen Theaters nach dem Krieg Pleite machte. Seine Eltern zogen dauernd um. "Ich hab die schlimmste Jugend hinter mir", hat er einmal gesagt. Die letzten sechs Jahre seiner Schulzeit verbrachte er auf dem Erzbischöflichen Gymnasialkonvikt St. Bernhard. "Die Erziehung war streng. Wenn Sie sechs Jahre lang jeden Morgen um sechs Uhr zum Frühsport aufstehen und dann in die Messe gehen, haben Sie gelernt, was Disziplin und Bescheidenheit heißt", sagt er rückblickend. Dass Elstner durchs Abitur flog, ist sicher eines der einschneidendsten Erlebnisse in seinem Leben. "Ich konnte nun nicht mehr Theaterwissenschaft studieren." Ein Jahr ging er zum Theater, "aber das war nichts für mich. Ich wollte zwar mein Leben lang ein Springinsfeld auf der Bühne sein. Aber ich wollte keine Texte auswendig lernen. Als ich mal auf die Bühne ging, um den Mörder meiner Mutter zu spielen, hörte ich eine Frau sagen: 'Der ist aber süß.' Da wusste ich, dass ich kein Schauspieler war."

Mit 22 Jahren wurde Elstner Moderator bei Radio Luxemburg, mit 30 war er dort Programmdirektor. Zwischenzeitlich hatte er seinen Namen von Tim auf Frank geändert. "Es gab dort schon einen Tom. Tim und Tom, das wäre mir vorgekommen wie Fix und Foxi." Sein Spitzname wurde dann "der liebe Frank", angeblich weil er so konfliktscheu moderierte.

Der Sender war im Aufbau, "da konnte man viel ausprobieren, kreativ sein", sagt Elstner heute. "Ich hab jeden zweiten Tag eine neue Sendung erfunden. Wenn ich mich unter Druck setze, kommt am meisten bei mir raus."

Elstners TV-Karriere, die mehr als zwei Generationen von Zuschauern mitverfolgen konnten, begann früh, aber der große Durchbruch war seine Moderation von "Spiel ohne Grenzen".

Elstner hat, bei vielen seiner Ideen, auf das Potenzial der Zuschauer gesetzt, ähnlich wie es heute Fernsehsendungen wie "Das Supertalent" tun. Auf die Frage, was am heutigen Programm gar nicht geht, antwortet er: "Dass Inhalte von Nachmittags-Talkshows jetzt auch abends gezeigt werden. Da macht man Quote mit Menschen, die man eigentlich einem Arzt vorführen sollte. Wobei es mir beispielsweise leid tut, dass mir 'Bauer sucht Frau' nicht eingefallen ist. Es stellt sich nur die Frage, wie weit gehe ich in der Auswahl der Menschen, die ich zeige?"

Steckt also hinter einer tollen Idee für eine TV-Show das Prinzip, eine bewährte Form, wie etwa die Heiratsannonce, zu übernehmen? "Im Prinzip ja. Aber es muss auch zur richtigen Zeit und im richtigen Umfeld passieren. Bevor 'Wer wird Millionär?' kam, hab ich 800-mal 'Jeopardy' gemacht. 800-mal konnten Zuschauer mit Quizfragen viel Geld verdienen. Aber die Sendung mit Günther Jauch ist besser inszeniert, teurer produziert und wird mit mehr Einsatz des Senders auf den Markt gebracht. Auch deshalb ist sie erfolgreicher. Es gibt in unserem Beruf noch genug freie Felder für Profis, die etwas Gutes inszenieren. Eigentlich müsste es eine große Kasse für Kreative geben. Mit Spielgeld, von dem sie jedes Jahr zehn neue Formate produzieren. Vielleicht werfen sie ja sieben davon weg. Aber die anderen drei geben neue Impulse fürs Fernsehen."

Frank Elstner hat auch wieder eine Idee. Er plant eine Show. Aber als Mann, der von der Bühne kommt, verrät er natürlich nicht, was es ist. Künstler sind abergläubisch.

Verstehen Sie Spaß? Sonnabend, ARD, 20.15 Uhr