Auch “Die Sterne“ sind dabei, wenn Lisa Politt zum achten Benefizabend in die Fabrik bittet und für jugendliche, unbegleitete Flüchtlinge sammelt.

Fabrik. "Kommt alle, wir wollen euer Geld." Der Aufruf von Lisa Politt hat - genau wie der dazugehörige Benefizabend - Tradition. Bereits zum achten Mal tritt das Polittbüro seinen jährlichen Ausflug in die Fabrik nach Ottensen an, um Geld für jugendliche Flüchtlinge zu sammeln, die ohne Begleitung nach Deutschland gekommen sind. Und das Angebot, mit dem Politt und ihr (Büro-)Partner Gunter Schmidt aufwarten, sollte auch noch den größten Hilfs- und Spendenmuffel vom heimischen Sofa herunterlocken - und den Erlös so wieder in den fünfstelligen Bereich treiben.

Musikalisch geben Die Sterne den Ton an. Und der klingt seit einem Jahr überraschend funky. Die Hamburger-Schule-Urgesteine um Frank Spilker haben sich ein Stück weit neu erfunden. "24/7", das neunte Studio-Album der Band, singt das Hohelied der Disco. Tanzbar waren die astralen Melodien ja schon immer, aber bislang nicht in diesem Ausmaß. Von der Leichtigkeit der Musik sollte man sich aber nicht täuschen lassen: Vom Konzept, den Kopf und die Füße gleichermaßen anzusprechen, haben sich Spilker und Co. keinesfalls verabschiedet. Ob politisch kritisierend in der "Stadt der Reichen" zu Besuch oder persönlich-augenzwinkernd an "Depressionen aus der Hölle" leidend: Die Sterne funkeln wie eine Discokugel, unter der man gern die Nacht zum Tage macht.

Die Schnittmenge zwischen Musik und Kabarett wird von den Gastgebern höchstselbst bedient. Schließlich sind Lisa Politt und Gunter Schmidt nicht nur Theaterinhaber, sondern auch Herrchens Frauchen. Das oft bitterböse Duo fragt sich zur Feier des 25-jährigen Bestehens ganz lapidar: "... War was?" Und beantwortet die Frage auch gleich selbst: anscheinend nicht wirklich. Denn auch nach einem Vierteljahrhundert voll konstruktiver Vorschläge zur Verbesserung der Gesamtlage hat sich nicht allzu viel zum Guten gewendet. Also gibt es auch zum Jubiläum keinen nostalgischen Best-of-Auftritt, sondern ein flammneues Programm, in dem sie das rhetorische Kriegsbeil ausgraben. So fragen sie sich, ob ihr Humor überhaupt noch den "wehrtechnischen Anforderungen" unserer Zeit entspricht. Vielleicht bringt ja ein kabarettistisches Flächenbombardement endlich den gewünschten Erfolg.

Wehrhaft sind auch die Muppet-Opas des politischen Kabaretts: Waldorf und Statler heißen in Hamburg Rainer Trampert und Thomas Ebermann. Eine plüschige Loge haben die ehemaligen Politiker der Grünen zwar nicht, aber sonst verbindet sie einiges mit den grantelnden Senioren. Ebenso wie diese ist das Duo entsetzt darüber, was ihm an scheinbarer Qualität auf der (Polit-)Bühne geboten wird. Und ebenso wie die gefürchteten Kritikerpuppen haben sie stets eine passende Antwort auf leere Worthülsen parat. Sinnfreiheiten und Widersprüche decken sie schonungslos auf. Ihre Form der Sprachkritik ist dabei ebenso schwarzhumorig wie treffend. Wenige Tage vor der Bürgerschaftswahl dürften sie sich kaum über Mangel an Material beklagen. Ihren unfreiwilligen Beitrag zum Programm leisten sicher auch die Grünen, seit dem Austritt der beiden desillusionierten Gründungsmitglieder einer ihrer Lieblingsfeinde.

Kommt er oder kommt er nicht? Ob Helge Schneider sich tatsächlich die Ehre geben wird, ist noch nicht letztendlich geklärt. Der Meister des absurden Humors - und ganz nebenbei ein hervorragender Jazzmusiker - ist auf alle Fälle herzlich eingeladen. Er wird wohl spontan entscheiden, ob er nach dem dritten von vier Abenden im ausverkauften Schmidt Tivoli noch fit genug für einen Kurzauftritt in Ottensen ist. Die Hoffnung, dass ihm große Mengen Tee und Applaus die dafür nötige Energie verleihen, haben Lisa Politt und Gunter Schmidt jedenfalls nicht aufgegeben. Und mit ihnen hoffen all diejenigen, denen Pointen gar nicht abstrus genug sein können.

Benefizabend heute 20.00, Fabrik (S Altona), Barnerstraße 36, Eintritt 18,- an der Abendkasse; www.polittbuero.de