“Wetten, dass ..?“ feiert am 14. Februar seinen 30. Geburtstag. Die Show hat in diesen Jahren Millionen Zuschauer seit ihrer Kindheit begleitet.

Das ist eine persönliche Geschichte: 1981 war ich zwölf Jahre alt, und Fernsehen war ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich wusste, dass ich bald ins Bett musste, wenn Wum und Wendelin auf dem Bildschirm erschienen, ich hatte eine Antwort auf die Frage parat, welches Schweinderl ich denn gerne hätte (das blaue), ein nicht unbeträchtlicher Teil meiner Allgemeinbildung stammte aus "Einer wird gewinnen" und ich wäre gerne ein Vorstadtkrokodil gewesen. Ich war also ein recht herkömmlicher Vertreter meiner Generation. Und ich erinnere mich noch sehr genau daran, wie eines Tages Frank Elstner im Fernsehen auftauchte und erzählte, dass er Wetten sammeln würde für eine neue Show, die es bald geben sollte. Dann passierte lange Zeit gar nichts. Und plötzlich war "Wetten, dass ...?" da.

In den folgenden 30 Jahren habe ich so ziemlich jede Ausgabe gesehen, oder sagen wir: Von den insgesamt 192 Sendungen waren es bestimmt mehr als 100. Wäre ich Komplettgucker, hätte ich - ich habe nachgeschaut - 884 Zuschauerwetten miterlebt, ich hätte 16-mal Peter Maffay singen hören und 14-mal Udo Jürgens, achtmal hätte ich Otto Waalkes gesehen und siebenmal Boris Becker. Ich schaue "Wetten, dass ..?" immer noch und werde auch heute einschalten - die Gründe, warum ich das mache, haben sich allerdings geändert.

Der erste Grund, warum ich "Wetten, dass ..?" liebte: Ich durfte aufbleiben, bis die Sendung zu Ende war. Und da Frank Elstner es bereits bei der Premiere am 14. Februar 1981 fertigbrachte, 43 Minuten zu überziehen, war die Sendung ein Fest für mich. "Die nachfolgenden Sendungen verschieben sich um mehrere Minuten." Das Gefühl, das diese Einblendung in mir hervorrief, ist schwer zu beschreiben. Ich habe es heute, als selbstbestimmter Zubettgänger, höchstens noch, wenn ein gutes Fußballspiel in die Verlängerung geht.

Und dann die Magie der Show. Die Stars! Die lustigen, dramatischen, verrückten Wetten! Der "Ted", das tolle Strichmännchen, das die Tipps der Zuschauer anzeigte. All die Technik, die dafür nötig war. So etwas Großes hatte ich im Fernsehen noch nie gesehen. Und Millionen andere auch nicht. "Wetten, dass ..?" wurde zu einem gesellschaftlichen Lagerfeuer, um das sich die Nation versammelte. Die Deutschen ließen sich von Karlheinz Böhm zu Tränen rühren und spendeten für Afrika. Sie sahen den letzten Auftritt von Heinz Rühmann und den (wie wir heute wissen) vorerst letzten von Take That. Sie applaudierten Baggerfahrern und Gedächtniskünstlern. Sie erfuhren, dass nicht jeder die Farbe von Buntstiften am Geschmack erkennen kann - sondern nur "Titanic"-Redakteure. Sie hörten den 97-jährigen Jopi Heesters "Ich möchte gerne 100 Jahre werden" singen - auch schon wieder zehn Jahre her.

Verkläre ich die Anfangsjahre? "Der Betrachter am Bildschirm fühlte sich im Angesicht dieser marktschreierisch aufgemotzten Show-Ereignisse weder unterhalten noch mobilisiert", schrieb die "Frankfurter Rundschau" zur Premiere - doch sie irrte. Die Quote stieg und stieg. Die beste hatte "Wetten, dass ..?" 1985: 23,42 Millionen Zuschauer. Die Show war Thema in den Familien, am Arbeitsplatz und in der Schule. Auch, weil es nicht viele Sender gab und kein Facebook - und mein Commodore 64 blieb natürlich aus, wenn "Wetten, dass .." lief. Schließlich moderierte seit 1987 Thomas Gottschalk die Sendung, und den mochte ich schon in "Telespiele", der Videospieleshow in der ARD.

Diese Zeit scheint nicht 30, sondern 300 Jahre her zu sein. "Wetten, dass ..?" ist der letzte überlebende Dinosaurier dieser Ära. Seine Kollegen sind lange tot, und auch ihm selbst geht es immer schlechter. Der Zuspruch der Zuschauer, der ihn am Leben hält, sinkt seit Jahren. Das Lagerfeuer brennt nicht mehr, stattdessen lodern viele kleine Feuer. Eins für Oma, einige mehr für Menschen in meinem Alter, und noch ein paar für Kinder.

Heute schaue ich die Sendung bewusster als früher. Ich beobachte den Überlebenskampf der beiden Riesen "Wetten, dass ...?" und Gottschalk, ihre Anpassungsstrategie an veränderte Zeiten. Ich sehe ihre seit Jahren andauernde Verwirrung. Ich denke darüber nach, ob Klugheit oder Panik zu der guten Entscheidung geführt haben, Gottschalk Michelle Hunziker zur Seite zu stellen. Ich nehme zur Kenntnis, dass inzwischen das Kooperationspartnerauto besser in Szene gesetzt wird als so manche Wette. Ich habe mich daran gewöhnt, dass internationale Stars genau so lang bleiben, bis ihr aktuelles Produkt gezeigt wurde. Ist halt so.

War halt so. Bis zu dem Unfall in der vergangenen Sendung , dem Sündenfall. Nun wird sich zeigen, was das Herz von "Wetten, dass ..?" ist. Die Gäste? Die Moderatoren? Die nun ängstlich heruntergeregelten Wetten? Wie geht es weiter und wie lange noch? Ich fühle mich heute manchmal wie ein Forscher, der das letzte Exemplar einer Spezies beobachtet. Thomas Gottschalk ist da entspannter als ich: "Hiobsbotschaften, dass es irgendwie mit uns zu Ende ginge, begleiten mich schon seit zehn Jahren", hat er dem "Goldenen Blatt" gesagt. 2001. Zum 20. Jubiläum.