Der bei einer Wette in der ZDF-Sendung “Wetten, dass..?“ verunglückte Samuel Koch lernt, seine Oberarmmuskeln zu steuern.

Hamburg. Es gibt weiter Hoffnung für Samuel Koch. Das Magazin "Stern" berichtet, dass Koch zwar auch rund zehn Wochen nach dem Unfall in der ZDF-Sendung "Wetten, dass..?" vom Hals abwärts gelähmt sei. Doch momentan lerne er, seine Oberarmmuskeln wieder zu steuern, um die Ellenbogen beugen zu können. Das Magazin hatte die Familie mehrere Tage begleitet.

Wie der "Stern" berichtet, wolle Koch am liebsten "rund um die Uhr“ Therapiestunden nehmen. Der 23-Jährige habe derzeit vier Stunden Therapiemaßnahmen am Tag. Samuels Eltern reichen ihm die Mahlzeiten. Das Essen nähme jeweils rund eine Stunde in Anspruch, so der Bericht. Samuel wird alle zwei bis vier Stunden umgelagert, was jeweils eine halbe Stunde dauere. Der Aufenthalt in einer Schweizer Spezialklinik werde noch mehrere Monate dauern. Es sei ungewiss, ob Samuel jemals wieder laufen könne.

Am 4. Dezember war Samuel Koch in der „Wetten, dass..?“-Live-Sendung aus Düsseldorf verunglückt. Der Student war bei dem Versuch gestürzt, mit Sprungfedern an den Füßen über fahrende Autos zu springen und hatte sich schwere Verletzungen an der Halswirbelsäule zugezogen. Der 23-Jährige leidet seitdem unter Lähmungen der Arme und Beine und des vegetativen Nervensystems.

Am Sonnabend (12. Februar, 20.15 Uhr) geht die erste „Wetten, dass..?“-Show seit dem Unfall auf Sendung. Das ZDF reagierte auf den Unfall mit einem neuen Bewertungssystem der eingereichten Wetten. Diese werden nun auf einer Skala von 0 bis 3 bewertet, extrem sportive Wetten wie die von Koch gehörten in die Kategorie 3 und werden künftig nicht mehr gespielt. (dapd/abendblatt.de)

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Wird "Wetten, dass...?" jemals wieder so wie früher?

Deutschlands beliebteste Samstagabendshow, wird 30 Jahre alt – am 14. Februar 1981 ging "Wetten, dass...?" das erste Mal über die Bühne. An diesem Sonnabend ab 20.15 Uhr sendet das ZDF die Jubiläumsshow aus Halle an der Saale. Es ist die 193. Ausgabe. Doch die Kandidaten-Tragödie, die in der 192. Show im Dezember passierte, überschattet den 30. Geburtstag. Für Moderator Thomas Gottschalk ist es die 145. Show. Der Erfinder Frank Elstner präsentierte 39 Ausgaben zwischen 1981 und 1987, der ostdeutsche Entertainer Wolfgang Lippert neun Shows in den Jahren 1992 und '93. Bei 884 Wetten ging alles gut, doch dann wollte Samuel Koch am 4. Dezember 2010 als 885. Wette mit Powerjumpern über fahrende Autos springen. Der 23-Jährige stürzte beim Salto und verletzte sich so schwer, dass er wahrscheinlich gelähmt bleibt. Die Live-Show wurde erstmals in ihrer Geschichte abgebrochen – Stars wie Cher, Justin Bieber, Christoph Waltz oder Take That flogen ohne Auftritt wieder ab, die Fernsehnation war geschockt.

Die Konsequenz laut ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner: ein Kategoriensystem, das die Wetten auf einer Skala von 0 bis 3 bewertet. „Extrem sportive Wetten wie die von Samuel Koch gehören in die Kategorie 3. Sie werden künftig nicht mehr gespielt.“ Die Band Take That holt am Sonnabend ihren ausgefallenen Auftritt nach. Als Wettpaten sind die Schauspielerin Maria Furtwängler (wirbt für den ZDF-Zweiteiler „Schicksalsjahre“ am 13./14.2.) und das Topmodel Naomi Campbell angekündigt. Ebenso wie die beiden Preisträger der Goldenen Kamera Anna Loos und Jan Josef Liefers. Comedy- und Fernsehpreisträgerin Annette Frier und Max Raabe werden in Halle ihr „Wetten, dass..?“-Debüt geben. Musik kommt auch vom Pop-Duo Roxette sowie aus dem Udo-Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“, das jetzt in Berlin läuft. Außerdem wird es wieder eine Stadtwette geben, die von Schwimm-Weltmeister Paul Biedermann präsentiert wird.

Die Feierlaune der Verantwortlichen beim ZDF hält sich bei all der Prominenz aber in Grenzen. Das liegt vor allem an der Unglückswette. Außerdem kämpft die Show seit Jahren mit Quotenschwund. Die vergangenen Sendungen lagen bei der Zuschauerzahl stets unter der Zehn-Millionen-Grenze. Natürlich wäre es gemein, die Sendung an ihren Rekordwerten aus den 80er Jahren zu messen, in denen bis zu 23,4 Millionen Menschen allein in Deutschland zuguckten (9. Februar 1985). Damals gab es weniger TV-Sender und keine so harte Konkurrenz wie die RTL-Castingshows „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Das Supertalent“, deren Oberjuror Dieter Bohlen dem ewigen Lockenkopf Gottschalk regelmäßig Kampfansagen macht. Kritik an Gottschalk ist in vielen Medien seit Jahren angesagt. Doch auch die fiesesten Feuilletonisten sehen ein, dass nur Gottschalk wirkliche Weltstars ins deutsche Fernsehen bekommt. Als Höhepunkte gelten die Auftritte von Michael Jackson am 4.11.1995 (spektakulär mit dem „Earth Song“) und am 20.3.1999. Am häufigsten traten jedoch deutschsprachige Künstler auf: Peter Maffay (16 Mal), Udo Jürgens (14 Mal) und Herbert Grönemeyer (11 Mal). Bei den Wettpaten führt Iris Berben (9 Auftritte) vor Otto (8) und Boris Becker (7).

Frank Elstner kam die Idee zu „Wetten, dass..?“ im Jahr 1980, als er sich schlaflos im Bett wälzte und plötzlich fragte, warum im Fernsehen eigentlich nicht gewettet werde. Elstners Ziel: eine Sonnabendabend-Show, über die die Leute noch am Montag sprechen. Das ist in den letzten 30 Jahren oft gelungen, auch wenn die Menschen in den Büros oder auf den Schulhöfen nicht immer die Wetten, die vom Brustmuskelzucken bis zum Betrug beim Buntstifteschmecken reichten, diskutierten. Thema konnte auch sein, dass der Schauspieler Götz George ausflippte, weil sich Gottschalk angeblich so schlecht über dessen neuen Film informiert hatte, sich Schauspieler Mickey Rourke prollig benahm oder sich wieder mal ein ausländischer Gast frühzeitig von der Bühne verabschiedete, um ein Flugzeug zu kriegen. In seinem Bestseller „Generation Golf“ beschrieb der Autor Florian Illies vor elf Jahren nostalgisch die heile Kinderwelt der 80er, in denen er im Kapuzenbademantel „Wetten, dass..?“ gucken durfte: „Niemals wieder hatte man in späteren Jahren solch ein sicheres Gefühl, zu einem bestimmten Zeitpunkt genau das Richtige zu tun.“ Diese Emotion kennen Kinder des Jahres 2011 wohl eher mit anderen Sendungen – wenn überhaupt.