Das Raubkunst-Stück aus dem Nobelhotel wird zugunsten der Erben versteigert. Neuen Streit gibt es um angemessene Entschädigung für Budge-Palais.

Hamburg. Mit einer schnellen Entscheidung hat das Hotel Vier Jahreszeiten die Diskussion über den umstrittenen Gobelin in seinem Restaurant Haerlin beendet. "Wir geben den Gobelin zurück - ohne Wenn und Aber", ließ das Traditionshaus am Neuen Jungfernstieg gestern mitteilen. Die Übergabe könne sofort erfolgen. Irgendwelche Gegenleistungen oder Entschädigungen werden nicht erwartet. Damit beendete das Hotel eine seit Wochenanfang wogende Diskussion um das Stück, dessen Wert auf mehr als 100 000 Euro geschätzt wird. Jahrzehntelang diente der flämische Wandteppich als Blickfang, und niemand dachte sich Böses dabei. Auch ein Brief des Berliner Rechtsanwalts Lothar Fremy vom Oktober 2009 war alsbald in Vergessenheit geraten, zumal es keine Nachfragen gab.

"Der Gobelin fällt unter die Kategorie Raubkunst", hatte Jurist Fremy dem Abendblatt am Montag gesagt. Alte Unterlagen ergäben zweifelsfrei, dass der Gobelin aus dem Besitz Emma Budges stammt. Die Hamburgerin mit amerikanischem Pass und jüdischer Herkunft hinterließ 1937 ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Mark. Große Teile brachten die Nazis unter den Hammer. Der zuletzt umstrittene Gobelin wurde von Fritz Haerlin für 14 100 Mark für sein Hotel Vier Jahreszeiten ersteigert.

"Unser Anspruch ist ein würdiger Umgang mit der Angelegenheit", sagte Hoteldirektor Ingo C. Peters gestern. Es sei Herzensangelegenheit des Hotels, dass der Gobelin der Budge-Stiftung zugutekomme. Peters bat seine Anwälte, die Übergabe zügig zu klären. Der für heute angesetzte Termin zwischen den Rechtsanwälten in Berlin wurde abgesagt. Das Thema hat sich erledigt.

Rechtsanwalt Fremy, Interessenvertreter der Stiftung, begrüßte die Entscheidung: "Hochachtung, das zeugt von hanseatischem Geist und großem Stil", sagte er. Der auf einen Rahmen gezogene Gobelin werde nun bei einer Spezialfirma gelagert und dann zugunsten der Budge-Erben versteigert.

In diesem Zusammenhang kam eine Geschichte hoch, bei der es um Entschädigungen beim Verkauf des Budge-Palais geht. Die Villa, heute Sitz der Musikhochschule, gehörte bis 1937 ebenfalls der Familie Budge, gelangte dann in die Hände des Gauleiters Karl Kaufmann und nach dem Zweiten Weltkrieg in das Eigentum der Stadt Hamburg. Nun fordern Anwälte der jüdischen Familie Geld, weil sie bezweifeln, dass angemessen entschädigt wurde.

Die Finanzbehörde weist dies zurück. "1952 wurde mit einem Gutachten festgestellt, dass 1937 umgerechnet 22 500 Mark zu wenig gezahlt wurden. Dieses Geld hat die Stadt Hamburg nachgezahlt. Und es wurde ein Vergleich in beiderseitigem Einvernehmen geschlossen", sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Dieser Vergleich gelte noch. Im September 2010 sei ein Anwalt mit einer Nachforderung gekommen, weil er festgestellt habe, dass der Wert des Grundstücks 1937 zu niedrig bemessen worden sei. "Das wollte der Anwalt mit Unterlagen belegen, was bis heute nicht geschehen ist", sagt Stricker.