Hamburg. Mehr als 100 000 enteignete Einzelposten aus jüdischem Besitz - darunter Teppiche, Möbel, Haushaltsgegenstände und eben auch Kunstwerke - wurden während der Kriegsjahre 1941 bis 1945 in Hamburg versteigert, vornehmlich an ausgebombte deutsche Familien. Das beschreibt der Historiker Frank Bajohr in seinem Buch "Arisierung in Hamburg - Die Verdrängung der jüdischen Unternehmer 1933-1945". Rund 47 000 Einzelvorgänge von Enteignungen während der Herrschaft der Nationalsozialisten seien dokumentiert, und zwar in 27 534 Restitutionsakten des Wiedergutmachungsamtes beim Landgericht Hamburg. Demnach wurden mehr als 1500 jüdische Unternehmen in Hamburg enteignet, das heißt: Sie wurden zwischen 1933 und 1945 verkauft oder liquidiert. "Zudem wurden mindestens 2400 Hamburger Grundstücke, die sich in jüdischem Besitz befanden, ihren Eigentümern entzogen", sagt Bajohr, der momentan an der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg wirkt.

Bis zur Machtübernahme der Nazis lebten in der Hansestadt etwa 19 000 Juden. Während des Krieges kam allerdings der Besitz aus mehr als 30 000 jüdischen Haushalten in Hamburg unter den Hammer. "Das liegt daran, dass auch das Hab und Gut belgischer oder französischer Juden hier versteigert wurde", sagt der Historiker Bajohr.

Im Gegensatz zu Grundstücken oder Unternehmen wurden Kunstgegenstände oder Haushaltswaren in der Regel nicht in natura an Nachfahren der enteigneten Familien zurückerstattet. "Üblicherweise wurden die Überlebenden oder Erben mit einer Geldzahlung, die dem Versteigerungswert plus Aufschlag entsprach, entschädigt."