Abendblatt-Krimibibliothek, Band 8: Bei Frank Göhre spielt das Schicksal eine tödliche Rolle. Nur einer gerät unschuldig in diese Schicksalsnacht.

Das Rotlichtmilieu ist eine Sphäre, in der Sex und Verbrechen die Regeln des Zusammenlebens bestimmen. Zutritt bekommen wir Normalen, wenn wir Amüsement suchen. Hamburg-St.-Pauli, Reeperbahn, ein Ort der Nacht. Ein Ort, an dem sich die Größen aufhalten, aber auch die kleinen Leute, die auf St. Pauli wohnen oder für einen Abend zu Besuch kommen. Es ist der Tag vor Christi Himmelfahrt, an dem sich in Frank Göhres Krimi "St. Pauli Nacht" die Lebenswege der Großstädter kreuzen, sie treffen in verschiedenen Konstellationen aufeinander.

Das St. Pauli Frank Göhres ist eines vor den Umgestaltungen der "Gentrifizierung", die dem ursprünglichen Charakter gewachsener Stadtteile einen neuen Zug hinzufügt. "St. Pauli Nacht" erschien 1993, und es sind bereits die Vorboten der neuen Zeit zu spüren. Es ist das Ehepaar aus Winterhude, Ulrike und Peter, das in einer Episode dieses Romans zum Abendessen in einem schicken Restaurant aufläuft. Reservierungen sind erwünscht, das hier ist keine Dönerbude.

Aber der Abend wird kein schöner: Die Eheleute gehen sich beinahe an die Gurgel, der gute Bekannte Wolfgang will der guten Freundin Dorit an die Wäsche. Erfolglos, später geht er in den Puff. St. Pauli ist das Revier der Nachteulen, der Taxifahrer Rasta Bobby findet hier seine Kunden, er ist der Chauffeur des Unheils in dieser folgenschweren Nacht. Alle treibt etwas um und etwas an, allein der schüchterne Pechvogel Rainer ist unschuldig in diese Schicksalsnacht geraten. Er ist zur falschen Zeit am falschen Ort, als ein Mann einen anderen erschießt und ein Hund diesem Mörder in sein riesiges Glied beißt. Es ist diese unerhörte, unwahrscheinliche Begebenheit, die es wert ist, erzählt zu werden, um die sich die anderen Erzählfäden ziehen.

Das Erzählprinzip dieses handwerklich gut gebauten Romans ist die Multiperspektivik. Er kann zwar mit dem klassischen Toten aufwarten, nicht aber mit dem Who-dunnit-Prinzip. Wer's war, das wird früh aufgedeckt, auch, warum er es tat. Es ist der Akt des verzweifelt Betrunkenen, dessen kleinbürgerliches Glück wegen einer untreuen Gattin in Scherben liegt.

Die weiteren Geschichten der St.-Pauli-Nacht sind prosaischer. Einen Polizisten gibt es auch, aber Kommissar Jörg Fedder hat nicht viel zu vermitteln, er ist eine weitere Person in diesem Reigen, die ihr Glück in dieser flackernden Nacht verliert. Der Erzähler führt den Leser souverän von einer zur anderen, er berichtet pointiert von auf Grund laufenden Menschen, deren Leben wie Flöße sind. Sie treiben umher. Und das nicht nur auf St. Pauli, sondern überall.

Abendblatt-Krimibibliothek

Die Edition & Band 13

Die Einzelbände der Abendblatt-Krimibibliothek kosten je 9,95 Euro und sind im Buchhandel erhältlich, online unter www. abendblatt.de/krimi , per Telefon unter 040/34 72 65 66 oder schriftlich an das Hamburger Abendblatt, Brieffach 2181 2181, 20350 Hamburg. Die ganze Reihe gibt es für 99 Euro nur als Direktbestellung über das Abendblatt. Gratis erhalten Sie dann Band 13: "Dinner for one - Killer for five" von Michael Koglin mit einem exklusiven Hamburg-Kapitel.