Von heute an gibt die Band Bambi Kino vier Konzerte im Indra. Dabei spielt sie jene Songs, die die Beatles 1960 im selben Klub auch gespielt haben.

Hamburg. Wenn Künstler oder auch Denker in unschöpferischer Weise tätig sind, spricht man von Eklektizismus, es wird aus dem Besten ausgewählt und etwas Neues daraus gemacht, mehr oder minder. So funktioniert Popmusik heute, wo die Erfindungen und kreativen Urknalle alle schon eine Weile her sind und die Nachfahren sich im Setzkasten des Pop bedienen. Und weil niemand mehr getan hat für die Entwicklung ästhetischer Strategien, weil niemand näher dran war am perfekten Popsong, sind die Beatles in der Geschichte populärer Musik am ausgiebigsten belehnt worden.

Wenn die erst kürzlich gegründete Band Bambi Kino ab heute Abend viermal in Folge im Indra auftritt, dann ist das mehr als nur eklektisch und auch mehr als eine historisch aufgeladene Angelegenheit. Es ist eine genaue Nachahmung dessen, was vor genau 50 Jahren geschah. Am 17. August 1960 betraten Paul McCartney, John Lennon, George Harrison, Stuart Sutcliffe und Pete Best erstmals die Bühne des Indra. Der kleine Klub auf St. Pauli war also der Ort, an dem Kulturgeschichte geschrieben wurde. Die vier Musiker von Bambi Kino wollen nun den Geist von damals atmen, indem sie genau das machen, was die Beatles damals taten: in Hamburg spielen, vor deutschem Publikum, mit einer Setlist, die aus exakt denselben Songs besteht.

Die Musiker der Band sind nur denen bekannt, die gern Indie-Pop hören. Mark Rozzo von der Band Maplewood ist dabei, Ira Elliot von Nada Surf, Doug Gillard von Guided By Voices und Erik Paparazzi von Cat Power. Die Namen muss man sich nicht merken, im Gegenteil wären sie (das klingt jetzt hart) sogar austauschbar, es geht um das, was sie sein wollen für vier Abende: die Beatles. Sie wollen sich in die Zeit von damals einfühlen und dass die Besucher das auch selbst tun.

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Die Griechen nannten das Mimesis und bezogen diese Vorgehensweise auch auf das Theater, wo die Dramen, die die Zuschauer von allen Affekten "reinigen" sollten, die Wirklichkeit nachahmten. Die Beatles machten lieber "Schau" statt Theater, heute würden wir Show sagen. Aber sie ahmten auch bereits nach, wenn man es genau nimmt: Sie spielten auf ihren ersten Konzerten nahezu ausschließlich Coverversionen des amerikanischen Rock 'n' Rolls, das einzige von ihnen geschriebene Stück war ein instrumentales, "Cry For A Shadow".

Die Phase der Originalität in ihrem Werk kam erst später, wiewohl auf den ersten Alben immer noch einige eigene Interpretationen fremder Kompositionen waren. Bei Bambi Kino wiederum geht es überhaupt nicht darum, irgendeinen kreativen Prozess anzustoßen. Sondern um das sich selbst genügende Nachmachen. Der griechische Denker Platon hätte sie deswegen gescholten: Für ihn war die Mimesis unter den menschlichen Tätigkeiten die geringste. Egal, Konzert bleibt Konzert, eine gelungene Zeitreise ebendas. Und Nostalgie ist ja in den allermeisten Fällen eine schöne Sache.

Der Name Bambi Kino ist übrigens auch eine Referenz: So hieß das Lichtspielhaus in der Paul-Roosen-Straße, die Beatles schliefen im Hinterraum.