Originelles Gedankenexperiment: “8. Wonderland“

Eine Utopie, die gar nicht so unmöglich scheint. Das "8. Wonderland" des Filmtitels ist der erste virtuelle Staat, in dem sich Tausende von Menschen in einem riesigen Chatroom zu spektakulären Aktionen verabreden. Beispiele gefällig? Per Mausklick wird beschlossen, dass im Vatikan Kondom-Automaten vonnöten sind. Eine Darwin-Bibel wird plötzlich in Massenauflage gedruckt, der Thanksgiving-Truthahn des Präsidenten entführt. Doch es geht noch sehr viel handfester: So werden drei Fußballprofis einfach in einen chinesischen Sweatshop verfrachtet, um dort Sportschuhe zu nähen. Ein Atomdeal zwischen Russland und dem Iran scheitert an den bewusst falschen Aussagen der Simultan-Übersetzerin. Das achte Wunderland ist den Politikern zunehmend ein Dorn im Auge. Und dann schieben die Geheimdienste dem virtuellen Staat unvorstellbare Gewaltakte in die Schuhe ...

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Bloggern (denen erst kürzlich immer mehr Macht über US-Politiker zugeschrieben wurde), Facebook, Twitter, Verabredungen zu Flashmobs und ähnlichen Möglichkeiten, die das Internet bietet, ist der Film des französischen Regie-Duos Nicolas Alberny und Jean Mach ein originelles Gedankenspiel: Wie formiert sich Widerstand oder gar revolutionäres Handeln in Zeiten des Internets, wie wirkt sich die Virtualisierung auf die Demokratie aus?

Leider lösen Inszenierung und Stil des Films dieses Versprechen nicht ein. Es gibt kaum narrative Spielszenen, die zum Mitfiebern einladen, stattdessen zahlreiche talking heads , die Bericht über das bisher Geschehene erstatten oder über zukünftige Pläne informieren. Dazu Bilder von Computerterminals, digitalen Mitteilungen und nachgestellten Studios, aus denen die Informationen zu kommen scheinen. Nicht einfach, hier den Überblick zu behalten. "8. Wonderland" ist, trotz seines aktuellen Themas, eigentümlich sperrig und kompliziert geraten. Die Brisanz findet keine Entsprechung in der Ästhetik.

Bewertung: annehmbar 8. Wonderland F 2008, 98 Min., ab 12 J., R: Nicolas Alberny/Jean Mach, D: Matthew Géczy, täglich im 3001, Passage; www.8wonderland.org