In der kommenden Saison zeigt das renommierte Hamburger Thalia-Theater 17 Premieren - und muss trotz vieler Erfolge mehr sparen.

Hamburg. Als Thalia-Intendant Joachim Lux gestern die Premieren für die kommende Saison präsentierte , kündigte er trotz Erfolgszahlen eine "Sparspielzeit" an. Geschäftsführer Ludwig von Otting ergänzte: "Obwohl wir in dieser Spielzeit sechs Millionen Euro einnehmen - und damit das finanziell erfolgreichste deutsche Theater sind -, tragen wir Verluste in Höhe von 1,1 Millionen Euro vor uns her. Sie sind das Ergebnis noch nicht eingehaltener Zusagen." Einmal um die Erde ist das Thalia in dieser Spielzeit mit seinen Produktionen gereist (47 622 Kilometer), 849 Vorstellungen wurden gespielt und 257 000 Besucher kamen.

Einsparungen können lediglich am Ensemble oder den Produktionen vorgenommen werden. Erstmals wird das Theater nicht mehr 40, sondern nur noch 33 Schauspieler im Ensemble haben. Josef Ostendorf und Hans Kremer verlassen das Theater, als Neuzugang kommt der erst 22 Jahre alte Sven Schelker. Lux und sein Team wollen dem Publikum dennoch einen Spielplan mit vielen Premieren präsentieren. Zur Saisoneröffnung inszeniert Jan Bosse Tschechows "Platonow" (1. September) mit Jens Harzer in der Hauptrolle. Wer sich noch an Jürgen Flimms tolle Aufführung mit Hans Christian Rudolph in der Titelrolle erinnert, wird schöne Vergleiche ziehen können. Es folgt Kleists "Der zerbrochne Krug" (22.9.) mit Philipp Hochmair als Dorfrichter Adam und Karin Neuhäuser als Gerichtsrätin Walter. Luk Perceval inszeniert am 13. Oktober eine Dramatisierung von Hans Falladas Welterfolg "Jeder stirbt für sich allein". Im November präsentiert Regisseur Stefan Pucher Shakespeares "Sommernachtstraum".

All diese Stücke waren auch unter den Vorschlägen der 5529 Zuschauer, die sich Ende 2011 via Internet an einer Abstimmung über die Spielplangestaltung beteiligt hatten. "Die Ehe des Herrn Mississippi" von Friedrich Dürrenmatt war auf Platz eins der Zuschauerwahl gelangt - durch Manipulation, wurde vermutet. Jedenfalls hatte das Thalia versprochen, das Gewinner-Stück inszenieren zu lassen. Im April wird es nun in der Regie von Christine Eder Premiere haben. Und auch Platz drei der Abstimmung, Thornton Wilders "Wir sind noch einmal davongekommen", steht auf dem Spielplan. Regie führt Dimiter Gotscheff, der das Stück allerdings mit Elfriede Jelineks "Kein Licht" collagieren wird. Das fällt unter "künstlerische Freiheit". Premiere ist im Februar. Ende Mai kommen "Die Brüder Karamasow" heraus, eine Dramatisierung von Dostojewskis Roman von Luk Perceval. In der Gaußstraße wird Wolfgang Herrndorfs Roman "Tschick" auf dem Spielplan stehen (2. September). Das Beziehungsstück "Begehren" folgt im Dezember. Wolf-Dietrich Sprenger inszeniert im Januar "Lenz" von Georg Büchner.

Das Thalia-Theater, dem bereits 1,1 Millionen Euro im Etat fehlen, weil von der Stadt bereits zugesagte Gelder nicht kamen, fürchtet neue finanzielle Engpässe, wenn die soeben erreichtenTarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst (6,2 %) zur Anwendung kommen. Aus dem Etat lässt sich das nicht bestreiten. "Wir verlassen uns auf die Versprechungen des Bürgermeisters", hieß es gestern. Olaf Scholz hatte im Wahlkampf gesagt, Hamburg solle die Kulturmetropole Nordeuropas werden. Da die kommende Intendantin des Schauspielhauses, Karin Beier, eine Erhöhung ihres Etats zugesagt bekommen hat, wird "erstmalig in der Geschichte", wie Ludwig von Otting sagte, "der Abstand der Zuschüsse ans Schauspielhaus und ans Thalia vier Millionen Euro betragen. Am Schauspielhaus kann man dann höhere Gagen zahlen und auch mehr produzieren."

Gerecht ist das nicht: Das Thalia ist sehr erfolgreich. Wenn die von der Stadt zugesagten Zuschüsse ausbleiben, "ist die Zukunft des Theaters gefährdet", sagte Lux . Seine Vertragsverlängerung über 2014 hinaus steht nun an: "Ich wünsche dem Thalia eine solide Finanzierung, und ich bin Optimist", sagt er.