Bei einem Podiumsgespräch will der Modeschöpfer Bent Angelo Jensen Parallelen zwischen Musik und Mode ziehen.

Hamburg. So viel Sorgfalt verwenden selbst Luxusfrauen nur in Ausnahmefällen auf ihre Fingernägel. Die des Modeschöpfers Bent Angelo Jensen sind heute schwarz lackiert und so perfekt manikürt, dass man glaubt, einen Dandy vor sich zu haben, der den kompletten Vormittag mit Schönheitspflege zubringt. Mindestens. Doch Jensen ist Kreativkopf und Firmenchef in einer Person und ein sehr fleißiger Mensch: "Ich fühle mich wie ein Leistungssportler und lebe auch so diszipliniert", sagt der Gründer des Hamburger Labels Herr von Eden. Bislang brachte man seine Marke eher mit Pop in Verbindung; Jensen stattet Jan Delay aus, Bela B von den Ärzten oder die Hamburger Band 1000 Robota. Gerade war er in Berlin, um bei den 13 Musikern der Reggaetruppe Seeed für die richtigen Klamotten Maß nehmen zu lassen.

Am kommenden Dienstag aber folgt er einer Einladung des Musikdramaturgen der Berliner Philharmoniker Marcus Fein, der mit ihm in Hamburg über Klassiker und retro in der Mode sprechen möchte. Der Anlass: Ein Konzert des Ensembles Resonanz, bei dem es anschließend Klassiker und Retro von Bach, Haydn, Schnittke und Strawinsky zu hören gibt.

"Ich liebe Strawinsky", bekennt Jensen, der seine sonstigen Klassikvorlieben als "Anfängerkost" abtut. "Ich höre gerne Klaviermusik von Erik Satie, die hinter mir so rumklimpert den ganzen Tag. Auch Beethovens Neunte, gern dreimal hintereinander, weil es mir einfach Power gibt." Dass Strawinsky nach seinem Skandalerfolg mit dem "Sacre du Printemps" 1911 auch sehr viel gefälligere Musik komponierte, überrascht Jensen. "Vielleicht wollte er endlich mal Erfolg haben."

Die gründliche Rückbesinnung auf die Geschichte des eigenen Gewerbes macht Jensen zum attraktiven Gesprächspartner im Vorfeld eines Abends mit Musik, die ihrerseits auf Vorbilder und Vorfahren zurückgreift. Denn Jensen, 1977 in Flensburg geboren und dort aufgewachsen, war in seiner Vision von Mode lange ein radikaler Einzelgänger. Ungelernt wandelte er sich vom Händler mit Vintage-Kleidung zum Modeschöpfer, der seine eigene Linie peu à peu aus dem Studium der 20er-Jahre entwickelte. "Ich bin dann Jahrzehnt für Jahrzehnt durchgegangen und habe gelernt, wie Schnittführung funktioniert. Ich bin froh, dass ich als Autodidakt so auf mich geworfen war. An den Akademien werden Studierende gleich ermutigt, ihre eigene Kreativität auszuleben. Aber man muss die Hausaufgaben machen. Ich halte es da mit Karl Lagerfeld, der gesagt hat, dass man erst mal die Klassik beherrschen muss, eher man aus ihr ausbrechen kann."

Das Wort retro, um das es im Gespräch mit Marcus Fein gehen soll, schätzt Jensen nicht: "Wir vermeiden es, denn es schwingt dabei mit, dass das, was heute da ist, nicht ausreicht, dass wir kopieren müssten. Wir kopieren aber keine alten Anzüge, wir haben keinen 30er-Jahre-Spleen."

Gegen das Wort klassizistisch im Zusammenhang mit seiner Mode hat er dagegen nichts einzuwenden. "Meine Linie ist ganz gerade. Da sind ein paar Spitzen und Pegel drin wie bei Strawinsky, aber so wild wie seine Musik sind meine Entwürfe noch nicht." Als Pendant zur Arbeit beim Ausdenken neuer, aufgeräumter Kleidungsstücke geht Jensen in Klubs tanzen. Der Wucht von Perkussion fühlt er sich am stärksten verbunden - nicht nur bei zeitgenössischer Klubmusik. Auch der "Sacre" ergreift ihn bei jedem Hören mit aller Kraft. "Strawinskys Musik erinnert mich an Techno", strahlt Jensen.

Bent Angelo Jensen im Gespräch mit Marcus Fein, Di, 20.3., 19 Uhr, Laeiszhalle, Kleiner Saal, Lauschangriff (Eintritt nur mit Ticket zum anschließenden Konzert mit dem Ensemble Resonanz)