Was sind schon Berlin oder München? Bent Angelo Jensen, Chef des Labels Herr von Eden, bezeichnet das Projekt als die “Erfüllung eines Traums“.

Hamburg. Er beherrscht sie perfekt, die hohe Kunst der Inszenierung. Selbst hier, inmitten eines grauen Raums mit unverputzten Wänden, wo Mörtelstaub den Betonboden bedeckt und schrille Bohrgeräusche lärmen, weiß er genau um seine Wirkung. Mit großen Schritten durchquert Bent Angelo Jensen das Gebäude am Großneumarkt 22. Gestikuliert, erzählt, fährt sich mit den knallrot lackierten Fingernägeln durchs Haar. Der Chef des Modelabels Herr von Eden ist in seinem Element. Denn er spricht über eine Vision, die ihn seit Monaten umtreibt - und die nun Gestalt annimmt. Wenngleich davon noch wenig zu sehen ist, in diesem ehemaligen Ladengeschäft, das ab September ein Maßatelier des Designers beherbergen soll.

Anzughosen, Jacketts oder auch Damenkleider werden zukünftig in seiner Wahlheimat entwickelt, nicht mehr im Ausland. Fracks und Cocktailkleider können zudem individuell zugeschnitten werden. Als "Erfüllung eines Traums" bezeichnet der 34-Jährige dieses Projekt. Und als "Standortbekenntnis". "Natürlich habe ich die Fühler ausgestreckt, nach Berlin oder München. Aber ich möchte in Hamburg bleiben, von hier aus das Unternehmen ausbauen", sagt er. Langsam soll es wachsen, sich Schritt für Schritt weiterentwickeln. Bent Angelo Jensen hat aus der Vergangenheit gelernt. Vor Kurzem erst musste er sein Geschäft in München schließen, weil es Verluste machte. Ein Fehler sei diese Investition gewesen. "Ich bin immer überrascht, wie naiv ich in manchen Situationen bin." Der Herr von Eden ist kein Realist - und auch kein Träumer. In erster Linie ist der Sohn eines Dänen und einer Deutschen ein Autodidakt, den es bereits als Jugendlichen reizte, anders zu sein.

Aufgewachsen in Flensburg, wo sein Vater eine Industriebäckerei für dänische Hot-Dog-Brötchen führte, gelang ihm dies mit Secondhand-Anzügen, Krawatten und schwarzem Nagellack. In einer Zeit, als die Popper mit ihren engen Markenjeans den Schulhof regierten, durchforstete er Altkleidersäcke. "Das war für mich eine Art der Rebellion. Ich finde es einfach reizvoll, mich gegen den Standard aufzulehnen", sagt er. In der Mode sieht er das geeignete Mittel, sich mitzuteilen.

Der Gedanke an einen eigenen Laden lässt ihn nicht los, bis zum Abitur nicht. 1996 zieht er nach Hamburg, eröffnet im Karolinenviertel ein erstes Geschäft. In der Hochburg der Punk-Szene verkauft Bent Angelo Jensen gebrauchte Anzüge. Klassisch, elegant, die Uniform des Bürgertums. Das war seine Art der Rebellion - und sie gefiel den Hamburgern. Nach den ersten erfolgreichen Jahren will er nicht mehr nur Getragenes anbieten, kein "Lumpenhändler" mehr sein, wie er es nennt.

Seine Schwester, damals noch Modedesignstudentin, schneidert den ersten Zweiteiler, den er entworfen hat. Es wird schließlich eine Kollektion daraus. Bent Angelo Jensen konzentriert sich auf die kreative Arbeit. Er leiht sich von seiner Schwester Schulungsmaterial, brütet einen Winter lang über Schnittmuster und Textiltechnologien. Zweifel hätten ihn durchaus begleitet, bis heute. "Seit vier Jahren bezeichne ich mich guten Gewissens als Kreativer. Trotzdem bin ich erst in der Aufbauphase." Seinen Stil scheint er allerdings gefunden zu haben - zeitlos, mit Liebe zum Detail. Das, sagt er, passe zu Hamburg. "Die Stadt hat einen anglophilen Touch, die Menschen haben ein Bewusstsein für Mode." Sein prominentester Kunde ist Musiker Jan Delay. Im Golden Pudel Club lernten sie sich kennen, vor fünf Jahren etwa. Delay wollte weg vom weiten T-Shirt und Baseball-Cap, suchte musikalisch und modisch den Neuanfang und wählte dafür Anzüge von Herr von Eden. Bei der Echo-Verleihung oder beim Eurovision Song Contest trug Delay den Zwirn aus Hamburg - und machte ihn bundesweit populär.

Jetzt, sagt Bent Angelo Jensen, fühle er sich bereit, einen nächsten Schritt zu wagen. Mit einer leichten Handbewegung wischt er etwas Baustaub vom schwarzen Jackett. Erneut bleibt der Blick an den roten Nägeln hängen. "Ja, ich bin eitel", kommt er einer Frage zuvor. "Und das finde ich in Ordnung, solange die Oberfläche nicht jede menschliche Regung erdrückt. Ich möchte in meiner Art attraktiv sein." Letztlich ist es wie in der Mode: Es geht darum, ein Bild zu erschaffen. Mit allen Facetten.