Das Münchner Landgericht verbietet die Publikation der Propagandaschrift auf Grundlage des Urheberrechts – doch 2016 läuft die Schutzfrist aus.

Hamburg. Hitlers berüchtigte Propagandaschrift "Mein Kampf" bleibt vorerst weiter unter Verschluss. Im Prozess zwischen dem Bayerischen Finanzministerium und dem britischen Verleger Peter McGee entschied das Münchner Landgericht gestern, dass auch eine auszugsweise Publikation der NS-Schrift in der kommentierten Zeitschriftenausgabe "Zeitungszeugen" unzulässig ist. Damit bestätigte es eine einstweilige Verfügung, die der Freistaat Bayern im Januar beantragt hatte.

Damals hatte McGee eine Ausgabe seiner Zeitschrift zu "Mein Kampf" mit Kommentaren von Historikern auf den Markt gebracht, die originalen Hitler-Zitate jedoch in letzter Minute vorsichtshalber gepixelt. Dabei wird es jetzt bleiben

Das Urteil bezieht sich jedoch nicht auf den Inhalt der nationalsozialistischen Hetzschrift, sondern ist rein urheberrechtlich begründet. Dieser merkwürdige Umstand hat eine historische Ursache: Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Alliierten dem Freistaat Bayern die Urheber- und Verlagsrechte an Hitlers Buch übertragen. Seither verhindert das zuständige Finanzministerium dessen Publikation konsequent. Auf urheberrechtlicher Grundlage lässt sich der Nachdruck des Buches verbieten, nicht aber sein Besitz und auch nicht der antiquarische Verkauf, soweit es sich nicht um Raubdrucke handelt.

Doch schon in wenigen Jahren wird sich die Situation komplett ändern. Da Hitler am 30. April 1945 Selbstmord verübt hat, sich sein Tod daher 2015 zum 70. Mal jährt, erlischt die urheberrechtliche Schutzfrist am Ende dieses Jahres. Ab Januar 2016 darf "Mein Kampf" dann auch in Deutschland uneingeschränkt neu gedruckt und verkauft werden - ein Geschäft, an dem sich gewiss mehrere Verlage beteiligen werden. Es könnte durchaus sein, dass Hitlers Buch, das in Deutschland bis zum Ende der NS-Zeit eine Auflage von mehr als zehn Millionen Exemplaren erreichte, in knapp vier Jahren in bundesdeutschen Bestsellerlisten auftaucht.

Die Gefahr der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts, die man in der unmittelbaren Nachkriegszeit noch als plausiblen Grund für das Publikationsverbot betrachten konnte, besteht jedoch schon lange nicht mehr. Zu krude, zu wirr und fanatisch ist die 800 Seiten lange Schrift, deren von Hass und Ressentiment geprägte Botschaft in der völlig veränderten gesellschaftlichen und politischen Situation der Gegenwart kaum jemanden mehr erreichen wird. Das zweifellos große Interesse, das sich zurzeit noch mit "Mein Kampf" verbindet, resultiert vor allem aus der Umstand, dass das Buch seit Kriegsende in Deutschland nicht mehr erscheinen darf.

Dass die Publikation 2016 aus inhaltlichen Gründen doch noch gerichtlich gestoppt werden kann, ist nicht ausgeschlossen, gilt aber als eher unwahrscheinlich. Zwar gäbe es im Strafgesetzbuch mit den Paragrafen 86 (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen) oder 130 (Volksverhetzung) durchaus rechtliche Hebel, die jedoch in diesem Fall nach Meinung von Experten kaum mehr Erfolg versprechen.