Das Landgericht München hatte dem englischen Verleger Peter McGee die Veröffentlichung am Vortag auf Antrag des Freistaats Bayern verboten. Der Verlag kündigte an, rechtlich dagegen vorzugehen. „Wir werden das nicht hinnehmen“, sagte „Zeitungszeugen“-Sprecher Alexander Luckow. Mit der Unkenntlichmachung der Auszüge habe man eine Beschlagnahme vermeiden wollen, sagte Luckow.

Der „Zeitungszeugen“-Verlag hat Auszüge aus Adolf Hitlers antisemitischem Buch „Mein Kampf“ am Donnerstag in einer unleserlich gemachten Schrift veröffentlicht. Das Landgericht München hatte dem englischen Verleger Peter McGee die Veröffentlichung am Vortag auf Antrag des Freistaats Bayern verboten. Der Verlag kündigte an, rechtlich dagegen vorzugehen. „Wir werden das nicht hinnehmen“, sagte „Zeitungszeugen“-Sprecher Alexander Luckow. Mit der Unkenntlichmachung der Auszüge habe man eine Beschlagnahme vermeiden wollen, sagte Luckow. Die Zeitung sei in einer Auflage von 100 000 Exemplaren erschienen. Schon 2009 hatte das Finanzministerium, bei dem als Rechtsnachfolger des Eher-Verlags die Rechte für „Mein Kampf“ und andere Nazi-Veröffentlichungen liegen, Teile einer „Zeitungszeugen“-Ausgabe mit dem kommentierten Nachdruck von Nazi-Zeitungen beschlagnahmen lassen. Vor Gericht setzte sich McGee damals weitgehend durch. Bis heute liefen Zivilprozesse um Schadenersatz für die Beschlagnahme, sagte Luckow. Allerdings war damals das Urheberrecht für einen Teil der Veröffentlichungen bereits abgelaufen.

Für „Mein Kampf“ erlischt das Urheberrecht erst 2015. Hier beruft sich McGee auf das Zitierrecht. Sein Verlag Albertas Limited wolle nur Ausschnitte veröffentlichen, nicht das ganze Buch. Das Landgericht München entschied jedoch in einer Einstweiligen Verfügung, „dass die geplante Publikation nicht vom Zitatrecht gedeckt ist“.

Luckow sagte, es gebe wissenschaftliche Veröffentlichungen von „Mein Kampf“. Die Frage sei, warum das Finanzministerium die Veröffentlichung von Auszügen in einem mehrere hundert Seiten starken Buch hinnehme, sie in der 16-seitigen „Zeitungszeugen“-Beilage samt wissenschaftlichem Kommentar aber verbiete. Das Vorwort schrieb der renommierte Berliner Geschichtsprofessor und Antisemitismus-Forscher Wolfgang Benz, den Kommentar der Dortmunder Medienwissenschaftler Horst Pöttker.

Luckow sagte: „Wie geht Deutschland mit diesem fürchterlichen Buch und der historischen Last um? Die Frage wird man spätestens 2015 beantworten müssen.“ Dann endet das Urheberrecht 70 Jahre nach Hitlers Tod. Das heutige Verbot sei „extrem ungeschickt“: „Das führt nur zu einer weiteren Mystifizierung. Das brauchen wir überhaupt nicht – wir brauchen das Gegenteil: eine Entzauberung.“ Ein Rechtsradikaler werde sich die „Zeitungszeugen“ kaum kaufen, weil ihm der wissenschaftliche Kommentar nicht gefalle. Wer „Mein Kampf“ haben wolle, könne sich das Buch auch auf anderen Wegen beschaffen.

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) sagte, eine historisch-kritische Edition von Hitlers „Mein Kampf“ sei nötig: „Es besteht die Gefahr, dass Scharlatane und Neonazis sich dieses Schandwerks bemächtigen, wenn das Urheberrecht des Freistaats Bayern

2015 ausläuft. Deshalb bin ich der Meinung, wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte, hervorragend ausgearbeitete kritische Edition.“ Das international anerkannte Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München plane bereits mit Blick auf das Auslaufen des Urheberrechts eine entsprechende Aufarbeitung. Die kulturpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Julika Sandt, sagte, dass McGee „genau einen Tag vor dem nationalen Holocaust-Gedenktag Auszüge aus Hitlers Machwerk veröffentlichen wollte, ist nicht nur hochgradig unsensibel, sondern riecht nach Geschäftemacherei auf Kosten der Opfer“.