Der Tourauftakt in Berlin war Whitney Houston im Mai 2010 gründlich misslungen, sie erntete gellende Pfiffe. Auch in Hamburg war sie ein paar Tage später zwar nur noch ein Schatten früherer Glanztage. Aber die Zuschauer gingen gnädiger mit ihr um, weil sie Zeuge eines fast tragischen Konzerts wurden.

Sie konnten mit eigenen Augen sehen, was die katastrophale Ehe mit dem Sänger Bobby Brown und die daraus resultierende Alkohol- und Drogensucht mit dieser einst so strahlenden afro-amerikanischen Sängerin gemacht hatten. Von Houstons einst so jubilierender Stimme war nur noch ein Torso übrig geblieben. Sie war unfähig, die Tonleiterhöhen zu erreichen, die sie zu einer der erfolgreichsten Sängerin der vergangenen 25 Jahre gemacht hatten.

Immerhin war ihr Make-up damals perfekt und kaschierte all die Spuren ihres persönlichen Leids in ihrem Gesicht. Aber Whitney Houston war nicht mehr die gertenschlanke Schönheit früherer Jahre. Das Glitzerkleid, das sie trug, stand für den Glamour, doch die Frau drin präsentierte den Blues. Zwar malochte sie sich durch ihr Programm, verlor aber auch schnell an Puste. Playback-Unterstützung half ihr zu Beginn, Druck bekam sie aber nur in die Nummern, als sie anfing zu improvisieren und frei zu phrasieren. Ab und zu klang durch, über welches immense Stimmvolumen sie früher verfügt hatte.

Im zweiten Teil fand der Abend immerhin seine stärksten Momente, als nämlich Houston sich auf ihre im Gospel liegenden Wurzeln besann. Da schaffte sie es, die Arena in einen sakralen Raum zu verwandeln und mit all der Wucht, die sie noch besaß, ein tief empfundenes "Hallelujah, I love you" zu schmettern.

Gegen Ende des Konzerts war zu spüren, wie sich ihre Angespanntheit allmählich löste und die Angst davor, wieder ausgebuht zu werden. Gemessen an früheren Auftritten war sie gescheitert, doch ihre Fans applaudierten ihr. Vielleicht mehr aus Respekt und aus Mitgefühl denn als Belohnung für einen tollen Abend. Doch zu großem Entertainment - wie noch 1999 im ausverkauften Derby-Park Klein Flottbek - war sie nicht mehr in der Lage. Schon 2010 war klar, dass Whitney Houston nie wieder eine große Tournee machen würde. Ein zweites Mal hätte sie auf das Mitleid des Publikums wohl kaum zählen können.