Der kanadisch-französische Psychothriller “Splice“ schockt, überzeugt aber auch intellektuell

O Gott, was haben sie getan? Schon nach 20 Filmminuten drängt sich diese verschreckte Frage geradezu auf, doch das Wissenschaftlerpaar Elsa (Sarah Polley) und Clive (Adrien Brody) denkt anders. Oder jedenfalls komplizierter. Den beiden genialen Genforschern ist es gelungen, einen wabbernden Zellklumpen zu klonen, der aussieht wie eine Mischung aus Wurm und Babyelefant und Rohstoffe zum Kampf gegen Alzheimer, Parkinson oder Krebs liefern soll.

Für den Pharmakonzern, bei dem Elsa und Clive beschäftigt sind, ein Milliardengeschäft, dem alles untergeordnet wird. Auch der Wunsch der Forscher, weiterzumachen und menschliches mit tierischem Genmaterial zu kreuzen. Zu teuer, zu unsicher und vor allem dazu angetan, in der Öffentlichkeit einen Aufschrei der Empörung auszulösen - also Schluss damit, so das Verdikt der Vorstandsvorsitzenden.

Doch wie das mit dem wissenschaftlichen Fortschritt nun einmal ist: Er lässt sich nicht aufhalten. Und so setzen Elsa und Clive ihre Forschungsarbeit heimlich fort, um bald tatsächlich ein Hybridwesen zu erschaffen, das neben dominierenden menschlichen Anteilen auch Erbgut von Vögeln, Amphibien und Raubkatzen enthält. Nach der ersten, äußerst schmerzhaften Begegnung mit dem Embryo ist Clive bereit, das seltsame Wesen sofort zu töten, doch in Elsa erwacht plötzlich ein Mutterinstinkt.

Versteckt wird Dren, wie die Wissenschaftlerin ihr "Kind" nennt, erst in einem abgelegenen Trakt des Instituts, dann im Keller und schließlich in der Scheune von Elsas leer stehendem Elternhaus. Düstere Orte als perfektes Setting für eine ebenso düstere Dreiecksgeschichte, die bald aus dem Ruder läuft.

Von "Frankenstein" über "Cat People" bis zu den Welten von David Lynch ("Eraserhead") und David Cronenberg ("eXistenZ") reichen die filmischen Bezüge dieses klugen kanadisch-französischen Psychothrillers. Vom Prometheus-Mythos bis zum Inzesttabu und das weite Feld der Geschlechtsidentität wird von Regisseur Vincenzo Natali ("Cube") zudem allerlei Denkfutter aufgefahren - sich aufdrängende Fragen der Wissenschaftsethik noch gar nicht mitgerechnet.

Dabei liegt die große Stärke von "Splice" (dt. miteinander verbinden) in einer eher behutsamen Inszenierung, die nur selten auf sich anbietende Schockeffekte setzt, sondern ganz der Kraft dieser ungewöhnlichen Dreieckskonstellation vertraut. Was natürlich nur möglich ist, wenn die Rollen von so authentisch-unaufgeregten Schauspielern wie Sarah Polley, Adrien Brody und Delphine Chaneac (als Dren) gefüllt werden. So manches Mal ist da plötzlich unklar, vor wem man sich mehr fürchten soll. Vor dem zur androgynen Versuchung ausgewachsenen Mensch-Tier-Wesen oder vor den Wissenschaftlern, die sich immer mehr verstricken und auf eine Katastrophe zusteuern.

++++- Splice Kanada/Frankreich 2009, 108 Minuten, ab 16 Jahren, R: Vincenzo Natali, D: Sarah Polley, Adrien Brody, Delphine Chaneac, David Hewlett, Brandon McGibbon, täglich im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Streit's (OF), UCIs Mundsburg, Othmarschen-Park, Smart-City ; www.splice.senator.de

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