Regisseur Niki Stein hat ein schwieriges Thema überzeugend umgesetzt. Sein Scientology-Film “Bis nichts mehr bleibt“ läuft heute in der ARD.

Hamburg. So viel ist geschrieben worden in den letzten Wochen zum Thema Scientology, dass darüber fast der Anlass in Vergessenheit geriet. Der nämlich ist nicht etwa die Gründung einer neuen Niederlassung der Sekte, sondern: ein Film. Ein Spielfilm wohlgemerkt - und es ist wohl der Brisanz des Inhalts geschuldet, dass sich alle verhalten, als handle es sich um eine Dokumentation.

Was ist wahr und was nicht? Wird Scientology in letzter Minute versuchen, die Ausstrahlung zu verhindern? Das waren so die Fragen, die die öffentliche Diskussion dominierten. Wichtige Punkte, gewiss. Aber "Bis nichts mehr bleibt" ist vor allem erst einmal das: ein sehr guter Film. Überzeugend umgesetzt (Regie: Niki Stein), toll besetzt (vor allem Nina Kunzendorf und "Tatort"-Darsteller Felix Klare spielen mitreißend) und ausgestattet mit einer Geschichte, die den Zuschauer packt. Nämlich die einer jungen Familie, die sich manipulieren lässt bis zur völligen Selbstaufgabe, die immer stärker hineingerät in einen Sog aus zweifelhaften Praktiken und den Weg heraus nicht mehr findet - und die deshalb zerbricht.

Natürlich ist Scientology im Film von der ersten Minute an klar erkennbar - und wie lächerlich wäre es gewesen, der Organisation einen Decknamen zu geben. Natürlich ist die Niederlassung, in der der Film zum Großteil spielt, der realen Scientology-Niederlassung nachempfunden mit all den dauerlächelnden Mitarbeitern und den "Brücke zur völligen Freiheit"-Plakaten. Das Drehbuch verzichtet auch nicht auf die ganzen wirren Begriffe von "Clear" und "OT3-Stufen", die jeden Nicht-Scientologen Fragezeichen auf die Stirn zaubern.

Entscheidend aber ist, dass, wer die Debatten nicht verfolgt und von der Sekte bislang nur am Rande gehört hat, ihn trotzdem haben wird: den spannenden Fernsehabend, der nachdenklich macht. So soll es sein.