Das Leben des Verlegers und den Aufstieg des größten Zeitungshauses Europas zeigt Ulrich Waller in der Revue “100 Jahre in 100 Minuten“.

Hamburg. Die große Axel-Springer-Revue kam am Freitag dorthin, wo für Axel Springer alles begann - nach Hamburg. Nachdem "100 Jahre in 100 Minuten" am 2. Mai, dem 100. Geburtstag des Verlegers, in Berlin aufgeführt worden war, zeigte Regisseur Ulrich Waller nun im St.-Pauli-Theater erstmals die Filmfassung der Zeitreise durch das Leben des Verlegers. "Letzten Sommer erreichte mich ein Anruf, ob ich Lust hätte, eine Revue über Axel Springer zu inszenieren", erzählte Waller. "Das hätte ich mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können. Aber als klar war, es gibt keine Tabus, stand für mich fest: Ich mache es."

Rund 350 Gäste verfolgten die verfilmte Show, die mit Gesang, Tanz und geschichtsträchtigen wie witzigen Texten das Leben Axel Springers und fünf Jahrzehnte Bundesrepublik wieder auferstehen ließ. Das Drehbuch schrieben Peter Huth (Chefredakteur der Berliner Zeitung "B.Z."), und der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre, der erklärte: "Wir wollten Axel Springer aus dem Klischee-Kerker erlösen."

Von der Gründung über den Aufstieg zu Europas größtem Zeitungshaus bis hin zu den persönlichen Erlebnissen des Verlegers durchstreift die Revue das Leben Axel Springers. "Anderthalb Stunden, in denen sich Pathos, Flapsigkeit, Understatement und Übertreibung, Selbstgerechtigkeit und Selbstironie auf wunderliche, manchmal beglückende Weise mischten", wie die "FAZ" schrieb. Zu der launigen Nummernrevue hatte Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG, in Berlin und jetzt auch in Hamburg ein selbst gespieltes Vorspiel geliefert: keine Rede, sondern ein in Kapuzenpulli und am Laptop vorformulierter fiktiver Brief an Axel Springer, in dem er diesem sagte, der Verlag habe ihn als junger Mann nicht sehr interessiert. Eberhard Möbius über Döpfners Schauspielleistung: "Das war ungeheuer professionell. Monologe sind das Schwierigste, und er hat es exzellent gemacht. Die Revue sollte unbedingt auf einer Hamburger Bühne aufgeführt werden."

Döpfner kam zur Hamburger Filmpremiere ebenso wie Huth, Stuckrad-Barre und viele Mitwirkende der Revue: Leslie Malton (spielt Friede Springer), Wilhelm Wieben, der ehemalige "Tagesschau"-Sprecher, die Schauspielerin Nadja Petri und - natürlich - auch Udo Lindenberg. Auf der Kiez-Leinwand spielt Schauspieler Herbert Knaup Axel Springer in seinen verschiedenen Rollen als Unternehmer, politischer Denker, Visionär, Frauenheld und Journalist. Knaup tanzt mit Mädchen in Petticoats den "Konjunktur-Cha-Cha" und singt im stilvollen 50er-Jahre-Ambiente Richard Taubers "Ich küsse Ihre Hand, Madame". Da hat er in der Rolle des großen Verlegers gerade eine Frau verführt, die er seinem Nachbarn ausgespannt hatte. Später wird seine letzte Ehefrau Friede dem Macho-Männerhaufen im Verlag elegant das Heft entwenden, und dazu schluchzt es live "This Is A Man's World".

Und so wurde ein weiter Bogen gespannt: von der Gründung des Zeitungshauses in den Nachkriegswirren, als Springer in einem Schweinestall Geschichten druckte, wie er "Hörzu", das Hamburger Abendblatt und die "Bild"-Zeitung erfand, über die Aussöhnung mit Israel bis hin zum Streit mit den 68ern und der DDR-Staatssicherheit, für die er ein Feind wegen seines unerschütterlichen Einsatzes für die Wiedervereinigung war.

Ein paar Monate wurde an den Texten gefeilt, ein paar Wochen probiert, gesungen, getanzt, komponiert, in ein paar Tagen war der Film gedreht und geschnitten. Das Ergebnis überzeugte die Gäste. Premiere hatte in Hamburg außerdem das 30-minütige "Making-of" der Inszenierung, das von Michael Souvignier ("Das Wunder von Lengede") produziert worden ist. Im Internet sind unter www.youtube.com/axelspringer Szenen von "100 Jahre in 100 Minuten" sowie eine Zusammenfassung des "Making-of" zu sehen.