Das Mahnmal St. Nikolai erhält bis Mai kommenden Jahres für 1,2 Millionen Euro eine komplett neu gestaltete Ausstellung auf verdoppelter Fläche.

Hamburg. Eigentlich ist sie kaum zu übersehen, trotzdem kennen viele Hamburger die ehemalige Hauptkirche St. Nikolai an der Willy-Brandt-Straße nur von außen. Das ist erstaunlich, denn man kann die eindrucksvolle Ruine betreten und dabei die gewaltigen Dimensionen des ehemaligen Bauwerks erahnen. Im Kellerbereich besteht außerdem ein zeitgeschichtliches Dokumentationszentrum, das jährlich 120.000 Menschen aus dem In- und Ausland besuchen. In den kommenden Monaten wird dieses Mahnmal, das an die Zerstörung Hamburgs und grundsätzlich an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft erinnert, komplett umgestaltet.

+++Kunst im Schatten der Ruine - und zu ihrem Wohl+++

Die Ausstellungsfläche wird sich dabei von 300 auf 600 Quadratmeter verdoppeln. Möglich wurde das durch eine Spende des Mäzens Reinhold Scharnberg in Höhe von 200.000 Euro, mit der eine neue Ausstellung finanziert werden soll. Für die bauliche Umgestaltung stellt die Kulturbehörde Mittel in Höhe von etwa einer Million Euro zur Verfügung.

Mit 147,30 Meter Höhe war der erhalten gebliebene Turm zu seiner Fertigstellung im Jahr 1876 kurzzeitig das höchste Bauwerk der Welt. Entworfen hat ihn wie die ganze Kirche der britische Architekt John Gilbert Scott, einer der international erfolgreichsten Baumeister des Historismus. Im Juli 1943 diente er dann den alliierten Bombergeschwadern als Landmarke und Zielpunkt. Hamburg versank damals im Feuersturm, und auch die riesige Kirche wurde zerstört wie die Häuser der Menschen, die zur Gemeinde gehört hatten. Statt eines Wiederaufbaus entschied man sich, am Klosterstern eine neue Hauptkirche zu errichten, denn ohne die umliegenden Wohngebäude wäre sie am alten Standort eine Kirche ohne Gemeinde geblieben. Teile der Ruine wurden 1951 gesprengt, doch man sicherte zugleich die Außenmauern, sodass sich die alte Hauptkirche später in ein Mahnmal verwandeln konnte.

Die Besucher, die die Glaspyramide betreten und dort eine Treppe hinabsteigen, erwartet im Kellerbereich unterhalb des einstigen Altarraums ein Dokumentationszentrum mit Ausstellungen zum Bombenkrieg und der Zerstörung Hamburgs sowie zur Zerstörung Warschaus durch die Deutsche Wehrmacht. Finanziert wird die Ausstellung vor allem durch die Ticketerlöse sowie die Einnahmen, die der Panoramalift erwirtschaftet, mit dem Besucher seit 2005 eine Aussichtsplattform auf 76 Meter Höhe erreichen.

"Wir sind sehr glücklich über die Spende und auch über das Engagement der Stadt, denn das macht es uns möglich, auf größerer Fläche eine völlig neue und zeitgemäße Dauerausstellung zu gestalten", sagt Klaus Francke, der Vorsitzende des Förderkreises Mahnmal St. Nikolai.

Inhaltliche Grundlage ist ein Exposé, das die Historikerin Kristina Vagt für die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg erarbeitet hat. Ausgangspunkt wird der Bombenkrieg in Hamburg sein, doch wird dieses Geschehen nicht isoliert dargestellt, sondern als Teil einer historischen Entwicklung, die ihren Anfang mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 nahm. Dieser Ansatz ist auch in der gegenwärtigen Ausstellung schon erkennbar, doch wird er künftig sehr viel weiter gefasst und stärker akzentuiert sein. Vor allem aber wird die Präsentation den gewandelten Sehgewohnheiten und Erwartungen heutiger Ausstellungsbesucher Rechnung tragen und moderne Medien mit einbeziehen. Für das Ausstellungsdesign zeichnet das Kölner Büro Krafthaus verantwortlich, das architektonische Konzept, das auch den Außenbereich mit einbezieht, stammt von dem Hamburger Architekten Gerhard Hirschfeld.

Schon bald verschwindet die Glaspyramide, der Eingangs- und Kassenbereich wird in den Keller des nördlichen Querschiffs eingebaut, wo auch Garderoben und sanitäre Einrichtungen entstehen. "Wir sind froh darüber, dass auch für Veranstaltungen in Zukunft mehr Platz zur Verfügung steht", sagt die Geschäftsführerin Kristine Goddemeyer, die mit der neuen Ausstellung und einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm eine viel größere Öffentlichkeit erreichen will.

Alle Pläne liegen vor, inzwischen sind auch die Baugenehmigungen erteilt worden. Am 1. Oktober werden die Handwerker und Arbeiter anrücken, der Zeitplan ist eng, denn zum Kirchentag, der am 1. Mai 2013 eröffnet wird, soll das vergrößerte Mahnmal mit seiner neuen Dauerausstellung die ersten Besucher begrüßen.