Kitsch mit Köpfchen - Das Kino reißt sich um die Bestsellerromane von Nicholas Sparks. Aktuelles Beispiel: “Mit dir an meiner Seite“

Es war einmal ein Soldat, der schrieb seiner Freundin aus dem Krieg. Manchmal verlief die Tinte auf dem Papier zu Klecksen, und sie wusste nicht genau, ob das nun vom Regen kam oder ob die Trennung ihm die Tränen in die Augen trieb. Ein anderer Mann warf eine Flaschenpost ins Meer, die Kilometer weiter angespült wurde und einer einsamen Journalistin das Herz brach.

Sieht so die Liebe im 21. Jahrhundert aus? In Zeiten von Internet-Partnerportalen? Eher nicht. Und doch wächst die Popularität des Schriftstellers Nicholas Sparks, der Geschichten wie diese in Bestseller verwandelt hat, in beängstigende Dimensionen. Was vor allem damit zu erklären ist, dass Sparks die Kitschformel perfektioniert hat, unter die ja irgendwie alles fällt, das mit Sonnenuntergängen, Meeresrauschen und Herzschmerz zu tun hat. Mehr noch: Er hat sie erweitert um das, was man Fallhöhe nennt - um eine Botschaft, ein Schicksal. Krieg, Tod, obendrauf kommt meist eine Scheidung: großes Drama vor Postkartenlandschaften.

Nicholas Sparks ist nicht nur Kitsch, sondern Kitsch mit Köpfchen. So etwas lieben Leser, so etwas liebt Hollywood. Es ist also kein Zufall, dass nun gleich zwei Sparks-Verfilmungen im Kino starten: heute das Teenie-Drama "Mit dir an meiner Seite", eine Woche später die Lovestory "Das Leuchten der Stille". Titel, bei deren Klang man eine Flasche Rotwein entkorken und sich aufs Sofa hauen möchte, so herzschwer kommen sie daher. Gemeinsam ist ihnen auch ihre Botschaft, die da heißt: Liebe überwindet alle Grenzen. Und, etwas weniger existenzialistisch: Der Sommer kann kommen.

Denn im Sommer liebt es sich doch gleich viel schöner, erst recht am Ostküstenstrand Amerikas, in einem Holzhäuschen, das weich vom Ozean umspült wird. In dieser ferienbeschwingten Idylle verliebt sich die 17-jährige Ronnie (Miley Cyrus) in Surfer Will - und verliert zur selben Zeit ihren Vater.

Sparks ist der Schutzheilige der ersten Liebe. Der wahren Liebe, die für die Ewigkeit gemacht ist. Im Mittelpunkt stehen stets schöne Frauen, Typ Mädchen von nebenan, so unschuldig und rein wie aus der Waschmittelwerbung. Kein Alkohol, keine Zigaretten, und wenn sie Sex haben, dann muss der Zuschauer sich die Szene dazu selbst ausmalen. Hier gibt es nur überdeutliche Wettermetaphern - Wolkenbruch, Gewitter - zu brausenden Orchesterklängen und Wohlfühlpop. Auch sonst hält Sparks konservative Werte hoch: Familie, gemeinsame Mahlzeiten, Musizieren und eben Briefeschreiben.

15 Millionen Mal haben sich seine Bücher allein in Deutschland verkauft, sie sind in 47 Sprachen übersetzt: Es sind Geschichten, die weltweit verstanden werden. Und während man sich nach einem Pilcher-Roman fühlt, als habe man ein Kilo Marzipankartoffeln in sich hineingestopft - pappsatt und knapp dem Zuckerschock entronnen - hinterlässt die Sparks-Lektüre eine wohlige Stimmung, weil man mehr als leere Kalorien zu sich genommen hat. Geschmacksrichtung: bittersüß.

Was John Grisham für das Thriller-Genre ist und Nick Hornby für Adoleszenzgeschichten, ist Sparks für das Melodram: Hollywoods Allzweckwaffe. In Ton, Tempo, Anmutung unverwechselbar und fast immer ein Kassenschlager. Wenn Hornby der Fürsprecher aller infantilen Männer ist, dann ist Sparks sein Pendant für Frischverliebte. Frischgetrennte. Und Goldene-Hochzeit-Jubilare. Auch Gefühle, das sagen alle seine Filme, sind harte Arbeit; das Schicksal ist manchmal ein Schwein.

Man kann Nicholas Sparks lieben oder hassen, dazwischen gibt es nichts. Die einen feiern ihn hymnisch, die anderen werfen ihm Dramaturgie aus dem Setzbaukasten vor und die Verwendung billigster Klischees: Haare, die in der Abendbrise wehen, dazu Gitarrengeklimper und Männer, die breitschultrig und braun gebrannt sind.

Genau genommen hat er nur eine Marktlücke erkannt - und sie dann besetzt. "Heutzutage sind die Menschen so beschäftigt, dass die Romantik zu kurz kommt", sagt Sparks. Also braucht es ihn: den Mann, der die hohe Kunst beherrscht, Triviales zu veredeln. Er macht es immer gleich und immer wieder anders; erzählt 1001 Geschichte davon, dass es Monate, Jahre, einen Weltkrieg dauern kann, bis man wieder zusammenfindet. Auf dass die Zuschauer sehen: Liebe überwindet alle Hürden. Und jetzt kann der Sommer kommen.