Geesthacht. Bittere, aber auch positive Nachrichten: Tod eines Wanderpaddlers, neue Forschungsplattform auf der Elbe, zwei Bombenentschärfungen.

So einen schrecklichen Unfall hat es seit Jahren nicht gegeben am Stauwehr bei Geesthacht. Der 12. Juli war ein schöner, sonniger Tag, als sich ein 23-jähriger Kajakfahrer aus dem Raum Radeberg der Staustufe aus Richtung Grünhof-Tesperhude näherte. Autofahrer beobachteten gegen 11.40 Uhr, wie der Paddler sein gelbes Kajak durch das Wehr steuerte. Auf der anderen Brückenseite trieb danach nur der gekenterte Einsitzer. Die Brücke wurde gesperrt, gut 100 Einsatzkräfte aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen suchten stundenlang mit Tauchern, Booten und Hubschrauber. Erfolglos. Erst am 16. Juli gab der Fluss den Leichnam frei. Angler sahen bei Niedrigwasser einen leblosen Körper in der Nähe des Wehrs treiben, alarmierten die Feuerwehr.

Der traurige Abschluss eines aufsehenerregenden Unfalls: Rettungskräfte und Polizei rücken vom Elbufer ab, sie hatten zuvor den vermissten Kajakfahrer tot geborgen.
Der traurige Abschluss eines aufsehenerregenden Unfalls: Rettungskräfte und Polizei rücken vom Elbufer ab, sie hatten zuvor den vermissten Kajakfahrer tot geborgen. © Dirk Palapies

Bis heute unerklärlich: Der Wanderpaddler bog nicht nach rechts zur Schleuse ab, er fuhr an den Warnbojen vorbei schnurstracks auf das Wehr zu. Das Opfer stammt aus einem kleinen Ort im Landkreis Bautzen. Der Sachse startete seine Reise am 4. Juli in Pirna, legte die gut 550 Kilometer in nur acht Tagen zurück. Das schaffen nur trainierte Kajakfahrer. Vielleicht unterlag er einem verhängnisvollen Irrtum und glaubte, sein Boot an der Fischtreppe am Südufer umtragen zu können. Beim Anfahren könnte er in den Sog der Strömung geraten sein.

Jahresrückblick 2020: Wanderpaddler verunglückt am Stauwehr

Zwei Wochen schaltet das Unternehmen, bei dem er beschäftigt war, in einer Lokalzeitung eine Traueranzeige. Die Firma liegt in der Nähe von Radeberg, der Arbeitsplatz des jungen Mannes war nicht weit weg von der Elbe. Von seiner "Urlaubstraumreise" ist in dem Nachruf die Rede.

Der Unfall hatte offenbar die Passanten für das Geschehen auf der Elbe sensibilisiert. Denn noch weitere drei Male im Jahresverlauf rückten die Feuerwehren beider Elbufer gemeinsam zu Großeinsätzen aus. Am 4. September entdecken zwei Frauen vor der Geesthachter Elbinsel ein herrenloses Kajak samt Gepäck. Aber Entwarnung: Dem Besitzer, der an Land war, war sein Boot unbemerkt abgetrieben worden.

Wenige Tage später am 18. September meldeten Passanten eine Person in einem Schlauchboot in unmittelbarer Nähe zum Wehr. Während des Rettungseinsatzes wurde wieder die Elbbrücke gesperrt. Diesmal war der - harmlose - Grund ein Angler, der den Fluss überquert hatte, um Köder auszulegen. Zum letzten Großeinsatz kam es am 7. Dezember. Passanten hatten auf Höhe von Krümmel im Dunkeln beobachtet, dass Leuchtfackeln womöglich von der Elbe aus abgeschossen wurden. Die Suche blieb ergebnislos. Offenbar waren es Feuerwerksraketen gewesen.

Helmholtz-Zentrum Geesthacht: neue Forschungsplattform

Die Elbe sorgte aber auch für positive Nachrichten, die den exzellenten Ruf von Geesthacht als Wissenschaftsstandort festigten. Stets beteiligt war das Helmholtz-Zentrum Geestacht (HZG). So soll im Herbst 2021 eine Forschungsplattform, die bei der "Seebrücke" vor Tesperhude gebaut wird, den Betrieb aufnehmen. Sie liefert dann kontinuierlich Daten zur Wasserqualität der Elbe, die auch öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Zudem steht der Uferbereich im Zentrum weiterer Überlegungen. So wird das veraltete Forschungsschiff "Ludwig Prantl" neu gebaut. Das Schiff soll Mitte 2023 zur Abnahme bereit sein.

Bürgermeister Olaf Schulze überlegt, einen Anleger in Geesthacht für die "Ludwig Prandtl" zu schaffen. Die alte „Ludwig Prandtl“ hat ihren Liegeplatz am Oortkatenufer. Auch ein weiteres Forschungsschiff könnte im Geesthachter Stadtgebiet vor Anker gehen. Auch im Zusammenhang mit dem im Juni offiziell gegründeten Institut für Maritime Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, das Station auf dem HZG-Gelände bezieht, ist ein Forschungsschiff vorgesehen. Mit dem Boot soll getestet werden, wie die neuen Energieträger unter verschiedenen Klimabedingungen funktionieren, es könnte Anfang 2023 auslaufen. Als künftiger Heimathafen ist ebenfalls Geesthacht im Gespräch.

Campingplatz Hohes Elbufer: Schwieriger Start, dann kam der Run

Wolfgang Lukas blickt optimistisch nach vorn. Von der Unsicherheit in Sachen Fernreisen profitiert der Campingplatz.
Wolfgang Lukas blickt optimistisch nach vorn. Von der Unsicherheit in Sachen Fernreisen profitiert der Campingplatz. © Frauke Maaß

Als Achterbahnfahrt erlebten die Betreiber des Campingplatzes am Hohen Elbufer das Jahr 2020. Zum einen begann die Saison bedingt durch den ersten Lockdown im Frühjahr mit über einem Monat Verspätung am 9. Mai, und auch da durften zunächst nur die Dauercamper anreisen. Und dann gab es noch die "Parzellenreinigungsaffäre", die für Ärger sorgte. Die Polizei hatte bei einer Kontrolle am 15. März Camper auf der Anlage angetroffen, die ihren Stellplatz säuberten - das aber war verboten, denn alle Campingplätze hatten geschlossen zu sein, so die Landesanordnung. Ein hohes Bußgeld drohte dem Heimat- und Fremdenverkehrsverein Grünhof-Tesperhude von 1927 e.V., der den Platz betreibt. Von 4000 Euro war die Rede.

Mittlerweile haben sich die Sorgenalten geglättet. "Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen", sagt Wolfgang Lukas, der 2. Vorsitzende und Platzwart. Nicht nur in Belegungszahlen, auch in Sachen Strafzahlung. "Ich glaube, da kam später mal ein Schreiben aus Ratzeburg, dass das Verfahren eingestellt wurde", erinnert er sich. Alles halb so schlimm also, auch die Saison lief bis zum turnusmäßigen Schluss am 15. Oktober im grünen Bereich weiter. "Als wir wieder offen hatten, begann ein extremer Run", berichtet Lukas. So hätten sich die Umsatzeinbußen durch die Schließung zu Saisonbeginn wieder ausgeglichen. Über 3000 Übernachtungen werden es gewesen sein, etwa die gleiche Anzahl wie im Vorjahr, schätzt Wolfgang Lukas.

Ende 2021 soll eine neue Sanitäranlage aufgestellt werden

Am 15. März wird der Platz nun hergerichtet, die ersten Gäste können zum 1. April kommen. Wolfgang Lukas will ab Februar erste Arbeiten durchführen. "Sehr viele wissen nicht, wie sie den Urlaub verbringen können, ob Auslandsreisen möglich sind. Davon profitiert der Platz", erklärt Lukas die Nachfrage nach Campingferien. Eine Erweiterung der Stellplatz-Kapazität am Hohen Elbufer ist aber nicht möglich. 135 Plätze für Wohnwagen und Wohnmobile stehen zur Verfügung. Rundherum ist Naturschutzgebiet, "und wir hätten in Sachen Vergrößerung auch keine Ambitionen", erzählt Lukas. "Dann würden wir den Charme des Platzes verlieren."

Ende des Jahres soll eine neue Sanitäranlage aufgestellt werden, vielleicht als mobile Anlage, die sich bei Hochwasser wegtransportieren lässt. Die Lösung wird nicht billig, 100.000 Euro könnten fällig werden. Die müssen nun erstmal verdient werden. Am besten mit einer richtig guten Saison in diesem Jahr.

Zeitleiste: Was, wann im vergangenen Jahr in Geesthacht passierte

Januar

Bahnanschluss: In Kiel wird die Machbarkeitsstudie zum Bahnanschluss von Geesthacht nach Hamburg vorgestellt. In Geesthacht soll die Präsentation am 11. März öffentlich im KTS stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie kommt es erst im 9. Dezember dazu. Fazit: Die Anbindung ist machbar. Als Nächstes soll das Schienengutachten im 1. Quartal folgen.

Pandemie: Ein erstes lokales Vorzeichen von dem, was folgt: Das LADR-Labor kündigt an, Corona-Tests in Geesthacht durchführen

Auszeichnung: Das Kleine Theater Schillerstraße wird von Besuchern in den Kreis der zehn beliebtesten Kinos in Deutschland gewählt, feiert zudem ein Rekordjahr. 63.098 Besucher kamen 2019. Im April folgt der Kinopreis des Landes.

Verspätung: Die Bertha-von-Suttner-Schule feiert Richtfest für den Erweiterungsbau. Der geplante Bezug zum Jahresende verzögert sich, Schlüsselübergabe soll nun im Januar sein.

Februar

Böser Streich: Auf Facebook "vermeldet" jemand den ersten Corona-Fall in Geesthacht. Das Johanniter Krankenhaus sieht sich auf seiner Homepage zu einer Richtigstellung veranlasst. Am 29. Februar gib es den ersten "echten" Fall in der Umgebung. Eine im Bereich des Amtes Hohe Elbgeest wohnende Ärztin hat sich angesteckt.

Politik: Pro Geesthacht löst sich auf, Christina und Sven Minge schließen sich der CDU-Fraktion an.

Feier: Es sollte so ein tolles Jahr für die Geesthachter Schützengesellschaft werden. Der Königsball bei Mercedes Brinkmann blieb dann aber die einzige Feierlichkeit zum 125. Geburtstag.

Feuerwehr: Sascha Tönnies (38) übernimmt das Amt des Feuerwehrchefs der Geesthachter Feuerwehr von Sven Albrecht (54). Neuer stellvertretender Wehrführer ist Dennis Bruhn (39).

Trauer: Der frühere langjährige Geesthachter Bürgermeister (1988–2000) Peter Walter verstirbt im Alter von 76 Jahren.

März

Pandemie: Harte Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus mit vielen Schließungen laufen an. So fällt auch der verkaufsoffene Sonntag (wie alle weiteren) in Geesthacht aus, das Schützenfest im Mai wird abgesagt. Ob es überhaupt noch zu Marktsonntagen kommen wird, ist ungewiss. In der Wirtschaft werden neue Konzepte diskutiert.

April

Haushalt: Geesthachts Bürgermeister Olaf Schulze berichtet erstmals, dass Corona ein Loch in die Stadtkasse reißen wird. Wegen Gewerbesteuerausfällen rechnet er zum Jahresende mit einem Minus von 2,2 Millionen Euro. So schlimm kommt es dann doch nicht. Im Dezember ist der Haushalt bedingt durch diverse Zuwendungen unter anderem vom Land um 600.000 Euro knapp ins Plus geklettert.

Mai

Kriminalität: Raubüberfall auf HEM-Tankstelle an der Geesthachter Straße. Ein Mann bedroht die Kassiererin mit einer Schusswaffe, flüchtet unerkannt.

Natur: In einem Regenrückhaltebecken beim Kreisel an der Mercatorstraße zieht ein Kiebitzvater das letzte Kiebitz-Küken des Südkreises groß.

Juni

Bürgermeister Olaf Schulze (von li.), Helmut Knust (Geschichtsverein), Christine Backs (SPD), Karla Rohde (SPD), Künstler Gunter Demnig.
Bürgermeister Olaf Schulze (von li.), Helmut Knust (Geschichtsverein), Christine Backs (SPD), Karla Rohde (SPD), Künstler Gunter Demnig. © Frauke Maaß

Kultur: In Geesthacht werden die ersten Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an Verfolgte des NS-Regimes. In der Johannes-Ritter Straße wohnte einst Rochus Pansa (KPD), in der Norderstraße Johann Baptist Lerchl (SPD).

Freizeit: Das Freibad feiert am 18. Juni endlich Saisoneröffnung. Am 31. August wird es wieder geschlossen wegen des Umbaus. Für Schlagzeilen sorgt, dass Betriebsleiter Kay Schulze am letzten Tag seiner Probezeit entlassen wird.

Juli

Niederdeutsche Volksbühne: Irma Andersen ist tot. Die beliebte Schauspielerin stirbt nach langer Krankheit im Alter von 88 Jahren.

Politik: Insgesamt 23 Jahre lang war Rainer Bork (EWG) Bürgermeister in Escheburg. Dann erklärt er überraschend seinen Rücktritt. Nachfolger ist Stellvertreter Frank Krause (Grüne).

August

Verkehr: Der umstrittene Mini-Kreisel an der Rathausstraße wird gebaut. Die Umgestaltung der als Unfallschwerpunkt geltenden Kreuzung kostet 360.000 Euro. Der Bau dauert acht Wochen.

September

Natur: Die Umweltschützer haben ihr Ziel erreicht. Die Heberleitung am Stauwehr, die wandernde Fische zur Fischtreppe locken soll, wird endlich gebaut.

Baugebiet: In Escheburg erfolgt der erste Spatenstich für die "Lippenkuhle". Auf rund 20 Hektar entstehen 132 Baugrundstücke, außerdem ein Verbrauchermarkt.

Aktion: Famila verkauft "VfL-Geesthacht-Bier". 50 Cent vom Verkaufserlös gehen an den Sportverein.

Oktober

Sport: Am Silberberg wird eine neuer Kunstrasenplatz verlegt. Die Stadt investiert 300.000 Euro.

Bauprojekt: Von Roggenring bis Hirseweg - der Spatenstich für das Geesthachter Bauprojekt Finkenweg-Nord ist noch nicht erfolgt, aber die Straßennamen stehen fest. Auf 11,9 Hektar entstehen 300 Wohnungen.

Flüchtlinge: Bei einem Bewohner der Flüchtlingsunterkunft in der Mercatorstraße wird Corona festgestellt. Die Einrichtung wird unter Quarantäne gestellt.

November

Robin Gellrich (l.) und Olaf Dose von der Ed. Züblin AG lehnen am Einbahnstraßenschild des Elbstiegs. Er ist die Zufahrtsstraße für die Wohnungen der Elbterrassen II und soll nächste Woche eröffnet werden. Mieter in den Wohnungen der Bergedorf-Bille werden ab Frühjahr erwartet.
Robin Gellrich (l.) und Olaf Dose von der Ed. Züblin AG lehnen am Einbahnstraßenschild des Elbstiegs. Er ist die Zufahrtsstraße für die Wohnungen der Elbterrassen II und soll nächste Woche eröffnet werden. Mieter in den Wohnungen der Bergedorf-Bille werden ab Frühjahr erwartet. © Dirk Palapies

Neubau: Vertriebsstart für geförderte Wohnungen an den Elbterrassen II. Der Bezug des neuen Quartiers erfolgt im Frühjahr.

Gnadenfrist: Die St. Petri-Kirche am Spakenberg ist kein Gotteshaus mehr. Die Entwidmung folgte nach einem Gottesdienst mit Pröpstin Dr. Ulrike Murmann.

Dezember

Bauen: Auf dem Baufeld zu den Elbterrassen III werden im Abstand von zwei Wochen kurz nach dem ersten Spatenstich zwei Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg gefunden und entschärft.