Projekt “Wörter an die Macht“ mit Schülern mündet in eine Fotoschau

Wilhelmsburg. "... meine Freunde, ich habe keine, weil ich die nicht verlieren will ...", schreibt Patryk, 15. Kevin hat folgenden Gedanken zu Papier gebracht: "... ich finde, wenn man im Urlaub ist, an einem anderen Ort, dann macht das Leben eine kurze Pause ...". Florian, 16: "... meine Mutter hat mir das Leben geschenkt und zugleich meine Identität ..." Drei Kostproben aus neun gewaltigen Texten, die Wilhelmsburger Schüler der Klassen 10 und 11 im vergangenen Jahr in einem einzigartigen Literaturseminar mit dem Titel "Wörter an die Macht" entwickelt haben.

Angestiftet zum Schreiben hatte der Hamburger Unternehmer Edmund Siemers mit seinem Förderwerk Elbinseln auf Initiative der Körber-Stiftung und der Agentur Scholz & Friends.

Was ist das eigentlich, Heimat? Wie fühlt sie sich an? Wo ist mein Platz in der Gesellschaft? Die Schüler, im Wettbewerb an Wilhelmsburgs Schulen für den Workshop ausgewählt, sollten mithilfe ihrer individuellen Sprache Antworten geben. "Das Ergebnis war eine echte Überraschung", sagt Journalist und Autor Michael Seufert. Der ehemalige stellvertretende Chefredakteur des Magazins "Stern" hat das Seminar geleitet. "Die Schüler haben das Thema Heimat in den verschiedensten Ausformungen umgesetzt. Das Ergebnis waren Gedichte, Popmusiktexte, Kurzgeschichten, Dialoge." Es sei spannend gewesen zu erfahren, wie unterschiedlich sich die Kinder, die überwiegend aus Migrantenfamilien stammen, mit ihren Herkunftsländern identifizierten. "Die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten und die Möglichkeit, Einblicke in ihre Lebenswelten zu erhalten, war für mich sehr beglückend." Über drei Monate trafen sich die Schüler jeden Mittwoch mit Seufert in Wilhelmsburg, um an ihren Texten zu arbeiten und um von erfahrenen Autoren wie Journalist und Literaturkritiker Hellmuth Karasek, Schriftsteller Arne Nielsen, "Spiegel"-Kulturchef Lothar Gorris und Abendblatt-Chefredakteur Claus Strunz zu hören: Sprache ist Instrument und Identität.

Im April erscheint bei Hoffmann & Campe ein Buch mit den Texten. "Wörter an die Macht" ist Wettbewerb, Literaturseminar, Buch - und seit gestern auch eine Fotoausstellung, die mit einer Schülerlesung eröffnet wurde. Die Körber-Stiftung zeigt bis zum 30. November, werktags (9 bis 17 Uhr, Anmeldung unter Telefon 040/808 19 20) am Kehrwieder 12 in der HafenCity Porträts der Jungautoren, ins Bild gesetzt von Fotografin Susanne Ludwig.