Der Senat nennt erstmals die Kosten für die Schulreform. 74 Millionen Euro will die schwarz-grüne Landesregierung pro Jahr ausgeben.

Hamburg. Der Hamburger Senat hat erstmals die laufenden Kosten für die Schulreform beziffert: 74 Millionen Euro pro Jahr will die schwarz-grüne Landesregierung in der Endstufe für den Umbau des Schulsystems und die Verbesserung der Unterrichtsbedingungen ausgeben. Der Löwenanteil entfällt auf die Einstellung von 970 zusätzlichen Lehrern. "Andere reden von Kürzungen im Bildungsbereich, Hamburg investiert massiv in seine Schulen", sagte Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL). Selbst im Fall einer Ablehnung der Schulreform beim Volksentscheid am 18. Juli soll es an den Maßnahmen zur Unterrichtsverbesserung nur leichte Abstriche geben.

557 der neuen Lehrer werden zur Absenkung der Klassenfrequenzen eingesetzt. Künftig sollen die Klassen eins bis sechs maximal 23 Schüler umfassen, in sozialen Brennpunkten nur 19 Schüler. Weitere 433 Lehrer sollen eingestellt werden, um mehr individualisierten Unterricht, mehr Fachunterricht und mehr Sprachförderung zu ermöglichen, auch an weiterführenden Schulen. Zum Vergleich: Bislang unterrichten in Hamburg knapp 13.800 Lehrer.

Mit der Reform soll die vierjährige Grundschule vom Sommer an schrittweise von der sechsjährigen Primarschule abgelöst werden. Statt vier weiterführender Schularten (Gymnasium, Haupt-, Real- und Gesamtschule) soll es künftig nur noch Gymnasien und Stadtteilschulen geben. Ob es so kommt, hängt allerdings vom Volksentscheid ab. Mit der Abstimmung, für die seit gestern die Wahlunterlagen verschickt werden, will die Volksinitiative "Wir wollen lernen" die Einführung der Primarschule verhindern, weil sie aus ihrer Sicht zulasten der Gymnasien geht.

Die Ausgabenerhöhungen sind weitgehend unabhängig vom Volksentscheid. Senat und Bürgerschaft haben zugesagt, an der Absenkung der Klassenfrequenzen und zum Beispiel der Abschaffung des Büchergelds in jedem Fall festzuhalten. Einzige größere Ausnahme: Wenn die Stufen fünf und sechs künftig nicht zur Primarschule gehörten, sondern wie bisher zu den weiterführenden Schulen, kämen sie auch nicht in den Genuss der niedrigeren Klassenfrequenzen. Dann müssten nach Auskunft der Schulbehörde statt 970 nur etwa 620 Lehrer eingestellt werden, was die Ausgaben um etwa 18 Millionen Euro im Jahr senken würde.

Die Gesamtkosten der Schulreform stehen ohnehin noch nicht endgültig fest. Denn zu den laufenden Kosten, die von anfangs gut 22 Millionen Euro pro Jahr bis zur endgültigen Umsetzung der Reform 2016 auf 74 Millionen pro Jahr anwachsen, kommen noch Investitionen für Baumaßnahmen hinzu. Hierfür hat die Schulbehörde rund 190 Millionen Euro veranschlagt. Dabei wird es aber nicht bleiben, da die erst im März beschlossenen Maßnahmen - wie die nochmalige Absenkung der Klassengrößen - noch nicht eingearbeitet sind. "Kleinere Klassen bedeutet mehr Klassen, und das bedeutet mehr Raumbedarf", sagte Behördensprecherin Brigitte Köhnlein. Man hoffe aber auf "Synergieeffekte mit ohnehin geplanten Baumaßnahmen".

"Wir wollen lernen"-Sprecher Walter Scheuerl kritisierte, dass große Teile der erhöhten Bildungsausgaben über Kredite finanziert werden sollen. Lob kam hingegen aus der Politik, von Eltern- und Schülerkammer sowie dem Pro-Reform-Bündnis "Chancen für alle": "Wer künftigen Wohlstand sichern will, muss Geld in die Bildung nachwachsender Generationen stecken."