Bei den Straftätern handelt es sich um Totschläger, Vergewaltiger, Serienbrandstifter und Entführer. Die Häftlinge und ihre Fristen auf einen Blick.

Hamburg. Die 17 Männer gehören zu den gefährlichsten Straftätern, die in Hamburgs Gefängnissen und in der geschlossenen Unterbringung einsitzen. Es sind Straftäter, die nach einer vorangegangenen Freilassung sofort wieder Verbrechen begingen oder bei denen Gutachter eine erhöhte Rückfallgefahr konstatieren. Es sind Totschläger, Vergewaltiger, Serienbrandstifter und Entführer. Und doch sollen sie womöglich freikommen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte, wie berichtet, entschieden, dass eine bei den damaligen Urteilen auf zehn Jahre befristete Sicherungsverwahrung nicht nachträglich verlängert werden darf. In einem Senatspapier - einer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Jana Schiedek und Andreas Dressel - sind nun die Daten und Gründe der damaligen Verurteilungen bekannt geworden.

+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++

Das Abendblatt zeichnet die Fälle, soweit sie dokumentiert sind, nach. Die Daten geben an, wann jeweils die zehnjährige Sicherungsverwahrung ausläuft - und somit den nach dem aktuellen Stand zu erwartenden Zeitpunkt einer möglichen Freilassung.

26. Dezember 2010: Kai D.* wird 60 Jahre alt sein, wenn er das Gefängnis verlassen kann. Gemeinsam mit einem Saufkumpan erdrosselte er im Jahr 1984 im Hotel Edel am Hansaplatz den damals 27-jährigen Rudolf B. Der Fall blieb lange ungelöst. 1989 erdrosselte Kai D. mit einer Freundin einen 79-Jährigen. Seitdem sitzt er in Haft.

26. Januar 2011: Der notorische Betrüger Jens N., inzwischen 72, beging bis zu seiner letzten Verurteilung im Jahr 1986 Dutzende Straftaten. Auch Urteile schreckten ihn nicht ab. Der wortgewandte Ex-Handelsvertreter nahm gutgläubigen Rentnern als angeblicher Holzbock-Bekämpfer hohe Geldbeträge ab. Das Urteil lautete unter anderem auf fortgesetzten Betrug und Unterschlagung.

16. Mai 2011: Entlassung eines im Mai 1994 vom Landgericht verurteilten Triebtäters. Das damalige Urteil lautete auf Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung sowie sexuellem Missbrauch von Kindern, gefährliche Körperverletzung und versuchte Nötigung.

19. Mai 2011: Im Sommer 1985 vergewaltigte der Hamburger Gärtner Jörg B. in Göttingen eine Studentin. Er stach auf die damals 29 Jahre alte Frau ein, verhöhnte sein Opfer dabei. Im Prozess gestand er, bereits am Tag vor der Tat zwei Frauen mit dem Messer bedroht und zu vergewaltigen versucht zu haben. Das Urteil lautete unter anderem auf Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und Mordversuch. Jörg B. erhielt 15 Jahre Haft. Schon vorher war er in Hamburg wegen acht Sexualstraftaten verurteilt worden.

24. Oktober 2011: Kurt P., damals 31 Jahre alt, tötete in einem Hafturlaub im September 1985 den ehemaligen Justizbeamten Hans D. in dessen Wohnung auf der Uhlenhorst. Es ging um den Liebeslohn, den Kurt P. als "Stricher" beanspruchte. Er saß wegen eines Mordes, den er bereits als Jugendlicher begangen hatte, im Gefängnis, sollte mit dem Hafturlaub behutsam auf die Freiheit vorbereitet werden.

29. Februar 2012: Wegen sexueller Nötigung und sexuellen Missbrauchs von Kindern, vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung hatte das Landgericht im September 1996 den damals 35-jährigen Claus R. verurteilt. Der Lagerist hatte in Schwimmbädern und Parks Jungen angesprochen, ihnen Geld und Süßigkeiten geschenkt und sie später schwer sexuell missbraucht.

1. August 2013: Entlassung eines im Dezember 1996 wegen versuchten Totschlags verurteilten Häftlings.

25. Oktober 2013: Entlassung eines am 16. Januar 1986 wegen schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen verurteilten Häftlings.

25. November 2014: Der mehrfach wegen Sexualdelikten und wegen versuchten Mordes vorbestrafte Horst K., damals 41, wurde 1999 wegen sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung zu sechs Jahren und Sicherungsverwahrung verurteilt. Die letzte Tat: Er quälte und missbrauchte eine 19-Jährige, versuchte, ihr den Hals aufzuschlitzen.

6. Juli 2016: Mit den Worten "Achtung, Kinderschänder" überfiel der damals 33 Jahre alte Ulf W. im Juli 1996 in Steilshoop eine 17 Jahre alte Jugendliche. Er nahm ihr erst das Portemonnaie ab und missbrauchte sie anschließend mehrfach. Ulf W. hatte erst am Morgen der Tat Hafturlaub bekommen und bis zu dieser Tat schon 14 Jahre im Gefängnis hinter sich - nicht nur wegen versuchter Vergewaltigungen, sondern auch wegen versuchten Mordes.

12. August 2016: Serienbankräuber Kim S. könnte freikommen. Der Hamburger war 1994 in Schwerin wegen schwerer räuberischer Erpressung in vier und schweren Raubes in fünf Fällen verurteilt worden.

30. April 2017: Entlassung eines 1994 wegen schwerer räuberischer Erpressung und vorsätzlicher Körperverletzung verurteilten Häftlings.

12. Oktober 2017: Der Ex-Anwalt Horst H., eine schillernde Persönlichkeit, die sich selbst "Bossi des Nordens" nannte, wurde nach einem spektakulären Prozess zu sechs Jahren Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt. Er betrog Banken und Mandanten um hohe Summen, fälschte Urkunden, verstieß zigfach gegen sein Berufsverbot.

26. Januar 2018: In den Jahren 1996 und 1997 versetzte eine Brandserie Anwohner an der Straße Falkenried (Hoheluft) in Angst. Urheber: Anwohner Hans L., damals 50. Der Arbeitslose versuchte, das Wohnungsunternehmen Saga um zuletzt 3,6 Millionen D-Mark zu erpressen. Sein zweiter großer Erpressungsversuch nach 1971.

9. Oktober 2024: Deckshelfer Pascal R., heute 37, war 1997 zu lebenslänglich und Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Er hatte in einem Park auf Finkenwerder einen Obdachlosen, 64, totgetreten und einen 38-Jährigen mit einem Messer schrecklich zugerichtet. Bis zu diesem Zeitpunkt war er bereits 20-mal verurteilt worden.

Hinzu kommen zwei Fälle, in denen der Zeitpunkt der Sicherungsverwahrung nach dem Urteil des EU-Gerichtshofs bereits abgelaufen ist:

Seit 7. Juli 2005: Mit 15 Jahren erstach Willi B., heute 53, seine Großtante, im Hafturlaub beging er die nächsten Verbrechen, nach der Haft vergewaltigte er eine Schwangere. 1991 erstach Willi B. einen Untermieter. Ein Richter bezeichnete den Verbrecher 1992 als "Gefahr für die Allgemeinheit". Seitdem sitzt er in Haft bzw. Sicherungsverwahrung.

Seit 8. August 2009: ein unter anderem wegen schweren Raubes in zwei Fällen verurteilter Straftäter (* alle Namen geändert).