Das Rätsel um die Beine im Müllsack ist gelöst. Die Polizei fand direkt am Bahnhof von Buchholz in der Nordheide weitere Leichenteile.

Hamburg. Er konnte kaum sprechen. Doch Orhan Y., 53, hat sich zu einem Geständnis durchgerungen. Der Mann, der am Dienstagmorgen auf dem Harburger Bahnhofsvorplatz schwer verletzt aufgefunden wurde (wir berichteten), hat sich die zahlreichen Messerstiche in Hals und Oberkörper selbst zugefügt. Dem Suizidversuch ging der Mord an Ahmed K., 50, voraus, jenem Mann, mit dem er zusammenwohnte und der seit dem 27. Mai vermisst gemeldet war. Es waren seine Beine, die in einem blauen Müllsack hinter dem Harburger Bahnhof abgelegt worden waren. Orhan Y. sagte auch, wo der Rest des Körpers zu finden sein würde: Unter der "Blauen Brücke", direkt am Bahnhof von Buchholz in der Nordheide. Hier hatten beide Männer gewohnt, hier hat der eine den anderen getötet. Wohl Hunderte Menschen sind seit der Bluttat über die blaue Fußgängerbrücke in Buchholz gegangen - nicht ahnend, dass sich unter ihr Teile einer Leiche befinden.

+++ SO KRIMINELL IST IHR STADTTEIL +++

Selbst wenn Orhan Y. in seiner knappen Einlassung im Krankenbett nicht gestanden hätte - die Beweislage gegen ihn war spätestens mit der Fertigstellung der DNA-Analysen erdrückend. An den Leichenteilen des ehemaligen Mitbewohners fand sich offenbar auch der genetische Fingerabdruck des 53-Jährigen. Hinzu kommt: Gerichtsmediziner hatten bei der Untersuchung von Orhan Y. festgestellt, dass die Verletzungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von ihm selbst verursacht wurden.

Rätselhaft bleibt der Hintergrund der Bluttat. Täter und Opfer hatten lange zusammen bei der Bahn-Tochter DB Services als Reinigungskräfte am Harburger Bahnhof gearbeitet und sich seit einiger Zeit eine kleine Wohnung an der Stettiner Straße in Buchholz geteilt. Orhan Y. erzählte Kollegen, dass er bald wieder zu seiner Familie in die türkische Heimat zurückwolle. Ahmed K. bezeichnete sich im Internet als Single. Bei den Nachbarn galten die Männer als ausgesprochen ruhig und unauffällig.

Nach bisherigen Polizeierkenntnissen hat Orhan Y. seinen Bekannten in Buchholz umgebracht, jedoch nicht in der gemeinsamen Wohnung. Den größten Teil der Leiche legte er demnach nahe den Bahnschienen an der Blauen Brücke in Buchholz ab. Dort gibt es zwischen einem Wohnheim und dem Bahnhof einen verwilderten Grünstreifen, in dem nach der Beschreibung des Täters die Körperteile gefunden wurden. Ob dies der Ort ist, an dem Ahmed K. starb, war gestern noch ungewiss.

Spurensicherer durchkämmten den Fundort bis in den späten Abend, die nahe Rütgersstraße blieb während der Arbeiten gesperrt. Rätselhaft ist für die Ermittler noch, warum der Täter die Beine seines Opfers mit nach Harburg nahm - und natürlich, warum er sich selbst so martialisch und schwer verletzte. Gelegenheit, weitere Einzelheiten der schrecklichen Tat preiszugeben, wird Orhan Y. in den kommenden Tagen ausreichend haben: Die Beamten werden ihn weiter vernehmen, sobald es ihm besser geht. Er wird bewacht. Die Suche nach einem eventuellen dritten Mann ist eingestellt.