Hamburg. Mehrere Zwischenfälle nach Solidaritätskundgebung am Jungfernstieg. Veranstalter verurteilt „feigen Angriff“.

  • Am Montagabend wurde in Hamburg ein Zeichen der Solidarität mit Israel gesetzt
  • An der Reesendammbrücke sprachen Oberbürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zu den versammelten Menschen
  • Die CDU Hamburg kritisierte indes, dass die Hansestadt keine Städtepartnerschaften in Israel habe und forderte die Schließung des Islamischen Zentrum in Hamburg.
  • Polizei sucht mit Personenbeschreibungen nach den mutmaßlichen Tätern

Einig gegen die Angriffe und Gewalt der Hamas im Nahen Osten: Die Hansestadt hat am Montagabend ein Zeichen der Solidarität mit Israel gesetzt. Rund 1500 Menschen versammelten sich im Nieselregen an der Reesendammbrücke, wo die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) in Hamburg zu der Kundgebung eingeladen hatten. „Wir stehen an der Seite Israels!“, hieß es in dem Appell.

Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) rang um Fassung, als sie von dem Paar sprach, das in Israel seine Zwillinge noch in einen Schutzbunker hatte bringen können, bevor es selbst starb. Was in diesen Tagen im Nahen Osten geschehe, sei „eine weitere Zeitenwende“.

Sie forderte einen parteiübergreifenden Kompromiss in der Frage, „wie wir die Sicherheit von Juden auch in unserem Land sicherstellen können“, verurteilte antisemitische Hetze auf das Schärfste und wurde deutlich: „Wer in unserem Land Schutz gesucht hat und nun meint, hier Judenhass verbreiten zu können, dem sagen wir: Das lassen wir nicht zu.“

Krieg in Nahost: Angriff nach Israel-Demo in Hamburg – Polizei sucht Zeugen

Kurz nach der Kundgebung soll es nach Abendblatt-Informationen dann allerdings zu einem schweren Zwischenfall gekommen sein. Um 19.11 Uhr sollen eine 22 Jahre alte und eine 47-jährige Frau demnach von drei Unbekannten von hinten angegriffen worden sein.

Das Trio soll die Frauen geschlagen haben und anschließend auf die von diesen mitgeführten Israel-Flaggen gespuckt und herumgetrampelt haben. Einer der Täter soll das Geschehen möglicherweise sogar gefilmt haben. Kurz darauf flüchteten die drei. Der Staatsschutz ermittelt in dem Fall.

Die DIG verurteilte den Vorfall laut Mitteilung am Dienstag als „feigen Angriff“. Während der Veranstaltung seien die Teilnehmer auf die Gefahr hingewiesen worden, dass es Angriffe auf diejenigen geben könnte, die sich zum „Existenzrecht Israels“ bekennen, hieß es. „So ein Angriff ist nun erfolgt“, teilte die Gesellschaft mit: „Die Stadt und die Zivilgesellschaft müssen alles dafür tun, dass der Angriff auf Israel nicht weiter genutzt wird, um Hass auch gegen unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu schüren.“

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) spricht auf einer Solidaritätskundgebung für Israel in der Innenstadt.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) spricht auf einer Solidaritätskundgebung für Israel in der Innenstadt. © DPA Images | Markus Scholz

Polizei Hamburg: Mit Personenbeschreibung werden mutmaßliche Täter gesucht

Nach der Attacke auf die beiden Frauen hatte die Polizei Hamburg gleich nach den mutmaßlichen Tätern gesucht und dabei eine Gruppe überprüft, die aus mehreren jungen Männern bestand. Das teilte die Polizei am Dienstagmittag mit. Ob sie an der Tat beteiligt waren, werde derzeit geprüft.

Die Ermittlungen des Staatsschutzes dauern an. Mithilfe von Personenbeschreibungen bittet die Hamburger Polizei nun um Hinweise aus der Bevölkerung.

Der erste, männliche Verdächtige wird wie folgt beschrieben:

  • Etwa 20 Jahre alt
  • Circa 1,75 bis 1,80 Meter groß
  • „Südländisches Erscheinungsbild“
  • Sehr schlank
  • Dunkle Haare
  • Er soll eine helle Cap getragen haben
  • und eine dunkle Steppjacke
  • dazu eine enge Hose

Diese Merkmale soll der zweite verdächtige Mann gehabt haben:

  • Sehr schlank
  • „Südländisches Erscheinungsbild“

Zeugen, die Hinweise zu den mutmaßlichen Tätern geben können oder verdächtige Beobachtungen gemacht haben, werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 040/ 4286-56789 oder auf einer Dienststelle bei der Polizei zu melden.

Hamburger FDP-Politiker nach Israel-Demo angefeindet

Auch Jimmy Blum, FDP-Politiker aus dem Bezirk Mitte und bekannter Moderator beim Shoppingsender QVC, berichtete von einer aggressiven Stimmung im Anschluss an die Demo, bei der er selbst ebenfalls Solidarität mit Israel bekundet hatte. Nach der Kundgebung sei er zwischen Rathausmarkt und Bergstraße, wo er sein Auto geparkt hatte, vier Mal angefeindet worden. „Diese Häufung von Hass auf gerade einmal 200 Metern hat mich schockiert“, sagt der gebürtige Amerikaner, der eine kleine Israel-Flagge in der Hand hielt, dem Abendblatt.

Der Hamburger FDP-Politiker und QVC-Moderator Jimmy Blum zeigte sich am Montagabend solidarisch mit Israel.
Der Hamburger FDP-Politiker und QVC-Moderator Jimmy Blum zeigte sich am Montagabend solidarisch mit Israel. © Privat | Privat

Zunächst habe ihn ein Paar verbal angegriffen, dann hätten verschiedene Gruppen „Scheiß Israel“ skandiert. „Ein paar Jugendliche wirkten so aggressiv, kamen immer näher, dass ich die Straßenseite gewechselt habe und zu meinem Wagen gesprintet bin“, sagte der Liberale.

Die Stimmung auf der Veranstaltung sei sehr friedlich gewesen. „Umso überrumpelter war ich dann von diesem blanken Hass, der mir plötzlich von Palästina-Sympathisanten entgegenschlug.“

Israel im Krieg: Jüdinnen und Juden fürchten auch in Hamburg Gewalt

Jüdische Einrichtungen werden in Hamburg bereits verstärkt geschützt. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft befürchtet aber, dass Antisemiten auch in Hamburg Gewalt gegen Jüdinnen und Juden schüren könnte. Sie forderte die Stadtpolitik auf, sich dem entgegenzustellen.

Philip Stricharz, Erster Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, sprach von „bestialischen Verbrechen der Hamas“. Er fürchte jedoch, dass es bald schon wieder Aufrufe an beide Seiten geben werde, sich zu mäßigen. „Wenn wir solidarisch sein wollen, dann müssen wir auch solidarisch bleiben“, sagte er.

Auch CDU-Fraktions- und Parteichef Dennis Thering, Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt waren bei der Kundgebung, viele Senatoren und Angeordnete waren unter den Zuhörern. Bürgermeister Peter Tschentscher verspätete sich wegen der deutsch-französischen Kabinettsklausur im Hamburger Hafen.

Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen) bei der Kundgebung an der Reesendammbrücke. Dort wurde ein Zeichen der Solidarität mit Israel gesetzt.
Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Bündnis 90/Die Grünen) bei der Kundgebung an der Reesendammbrücke. Dort wurde ein Zeichen der Solidarität mit Israel gesetzt. © DPA Images | Markus Scholz

Hambugs Politiker erschüttert von „schrecklichen Bildern aus Israel“

„Die schrecklichen Bilder aus Israel erschüttern uns zutiefst“, hatten Hamburgs SPD-Landesvorsitzende Melanie Leonhard und Nils Weiland zuvor erklärt und die „die barbarische Gewalt der Hamas, diesen abscheulichen Terror gegen unschuldige Menschen“ aufs Schärfste verurteilt. „Auch und gerade in diesen schweren Stunden stehen wir Hamburgerinnen und Hamburger an der Seite Israels.“ Hamburg stelle sich dem Antisemitismus entgegen. „Das Kalkül der Terroristen wird nicht aufgehen.“

Auch Bischöfin Kirsten Fehrs zeigte sich entsetzt von den Terrorangriffen auf Israel: „Ganz gleich, wie wir zum Nahostkonflikt mit all seinen Kriegen und verpassten Chancen auf Frieden stehen: Hier ist eine zivilisatorische Grenze überschritten worden. Ich fühlte mich spontan an Butscha erinnert, wo Ähnliches geschehen ist: diese hemmungslose Gewalt gegenüber wehrlosen Menschen.“ Es könne in solchen Momenten nur eine Reaktion geben: „Die Solidarität mit den Opfern, mit den Angegriffenen, die Solidarität mit Israel. Und den Protest gegen das Töten und Morden, die klare Benennung der Schuldigen“, so Fehrs . Es brauche das Gebet für den Frieden, das sich nicht abfinde mit Terror und Menschenverachtung.

CDU-Landeschef Thering: Keine Hilfszahlungen zur indirekten Terrorfinanzierung

Hamburg sei durch den schlimmen Terror und die antisemitischen Solidaritätsbekundungen jetzt umso mehr in der Pflicht, Konsequenzen zu ziehen, erklärte der CDU-Politiker Thering am Montag. Alle Hilfszahlungen und Unterstützungen, insbesondere im Bundeshaushalt, die der direkten oder indirekten Terrorfinanzierung gegen Israel dienen, müssten umgehend eingestellt werden.

Gegen Solidaritätsbekundungen für den Hamas-Terror müsse der Rechtsstaat entschieden vorgehen. Vorfeldorganisationen der Hamas und andere radikal-islamische Vereine müssten verfolgt und aufgelöst werden. Wer wie am Wochenende in Berlin die Ermordung unschuldiger Kinder, Frauen und Männer mit der Verteilung von Süßigkeiten und Partys feiert, müsse konsequent abgeschoben werden.

CDU Hamburg kritisiert fehlende Städtepartnerschaft mit Israel

Angesichts der aktuellen Ereignisse sei es umso bitterer, dass sich SPD und Grüne in der letzten Woche nicht zu einer Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Israel hätten durchringen können und den entsprechenden CDU-Antrag abgelehnt hätten, so Thering.

Die Schura Hamburg erklärte am Sonntag, sie verurteile die neuerliche Eskalation des Nahostkonflikts. „Als Schura Hamburg und Schura Schleswig-Holstein sind wir mit unseren Gebeten und Gedanken bei allen Opfern. Aufs Schärfste verurteilen wir die Gewalt gegen Zivilisten sowie die Entführung Unschuldiger.“ Die Schura ist der Rat der Islamischen Gemeinschaften, seit 1999 ein Zusammenschluss von mehreren Moscheevereinen und weiteren muslimischen Einrichtungen und Bildungsträgern in Hamburg.

Schura Hamburg fordert „gerechte Lösung“ am Verhandlungstisch

„Es braucht eine Friedenslösung, mit der die Menschen in der Region gut leben können“, sagt der Vorsitzende der Schura Hamburg Fatih Yildiz. Das menschliche Leid vor Ort sei unermesslich. „Deshalb muss nach einer langfristigen und gerechten Lösung gesucht werden.“ Dies müsse aber am Verhandlungstisch geschehen.

Angesichts des unaussprechlichen Leides in Nahost, ruft die Schura „mit Nachdruck dazu auf, das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Menschen mit verschiedenen Herkünften und Geschichten in diesem Land zu erhalten, zu stärken und auszubauen“. Die Gotteshäuser aller Religionen müssten „dieser Tage Orte des Gebets, der Einkehr, der Trauer und des Friedens sind, werden und bleiben“.

CDU Hamburg: Worte der Schura „klingen wie Hohn“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Dennis Gladiator, nannte die Stellungnahme der Schura „erschreckend“. „Weder gibt es eine klare Verurteilung und ein Benennen des Terrors durch die Hamas, noch wird Israel das Recht auf Selbstverteidigung zugesprochen.“ Stattdessen werde von einer „erneuten Eskalation“ geschrieben.

„Vor dem Hintergrund barbarischer Terrorakte der vergangenen Tage durch die islamistische Terrormiliz Hamas klingen diese Worte wie Hohn“, so Gladiator. „Diese Aussagen werden für den politischen Prozess der neuen Staatsverträge nicht unberücksichtigt bleiben. Die Vertreter der Schura disqualifizierten sich damit für den weiteren Austausch und die Zusammenarbeit.

Krieg in Nahost: CDU Hamburg fordert Schließung des Islamischen Zentrum Hamburgs

„Auch in Hamburg werden durch das IZH Vertreter des islamischen Extremismus seit Jahren mit einer falsch verstandenen Toleranz hofiert. Die CDU wiederholt ihre Forderung zu einer sofortigen Schließung des Islamischen Zentrum Hamburgs, welches als verlängerten Arm des Mullah-Regimes im Iran keinen Platz in unserer Stadt hat“, so Gladiator. Viele politische Beobachter sind überzeugt, dass die Regierung des Iran die Terrorangriffe der Hamas unterstützen, wenn nicht sogar initiiert haben.

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