Hamburg. Die Zahl der Verschwörungstheorien, die durch die Welt geistern, scheint in den vergangenen Jahren wieder deutlich anzusteigen. Das hat wohl einerseits damit zu tun, dass sich abstruse Ideen heute unkontrolliert über das Internet verbreiten und ihre Anhänger sich ungestört von Fakten oder echten Experten in abgeschotteten Gruppen gegenseitig bestärken können. Andererseits haben Pandemien den sowieso bestehenden Hang von Menschen schon immer gesteigert, simple aber falsche Erklärungen für komplizierte Zusammenhänge zu suchen – und dabei oft einzelnen Personen oder ganzen Menschengruppen eine Schuld für schwierige Situationen zuzuweisen. Das ist auch bei der Corona-Pandemie nicht anders.
Die Hamburger CDU fordert nun vom Senat, mit einer eigenen Kampagne gegenzusteuern und Verschwörungstheorien im Netz oder durch Plakate oder andere Formen der Öffentlichkeitsarbeit aktiv zu widersprechen. Dazu hat die Bürgerschaftsfraktion jetzt einen eigenen Antrag ins Parlament eingebracht. „Fake News dominierten gestern, heute gefährden Verschwörungstheorien den Zusammenhalt der Gesellschaft“, heißt es in dem CDU-Vorschlag.
Fake News und Verschwörungstheorien auch in Hamburg
Um gegenzusteuern müssten „neue, digitale Formate für ein breites Publikum zugänglich gemacht werden“. Dabei stehe man vor mehreren Herausforderungen. „Erstens müssen sie auf die neue Entwicklung eingehen, dass es im Rahmen der Corona-Pandemie weniger absolute Wahrheiten zu verkünden gibt“, so der CDU-Antrag. „Daher muss die Politik auf Sicht fahren, was bedeutet, dass viele Maßnahmen vor allem auf Annahmen basieren. Allerdings verfolgen sie Ziele, die wiederum auf ideellen Werten basieren.“
Die zweite Herausforderung sei es, „diese Werte zu kommunizieren, ohne dass sie den Umfang einer philosophischen Vorlesung erreichen“, sondern sie „geistreich mit Wortwitz und Aha-Effekt“ zu vermitteln. Als Beispiel nennt der Antrag die Sprüche auf den roten Hamburger Mülleimern der Stadtreinigung. „Auch wenn der Bereich der politischen Bildung durchaus tiefgreifende Ziele und Werte zu vermitteln hat, so liefern die zwei Videos ‚Arbeitsbedingungen‘ und ‚Misstrauensantrag‘ der Landeszentrale auf YouTube durchaus erste Anknüpfungspunkte.“
YouTube-Videos helfen gegen Fake News
Um „weitere pointierte Videos oder vergleichbare Kampagnen zu produzieren und zu verbreiten“, benötige die Landeszentrale „zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen“, so der CDU-Antrag. Schließlich wird der Senat darin aufgefordert, „ein Konzept zu erstellen, wie im Bereich der politischen Bildung innovative, digitale Formate in Zeiten der Corona-Pandemie die Hamburger erreichen können“ und „hierin speziell auf die Vermittlung von Zielen und Werten im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie Bezug zu nehmen“. Außerdem solle er die Finanzierung sichern und der Bürgerschaft bis Ende März 2021 berichten.
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Für den Hauptautor des Antrags, CDU-Sozialpolitiker Andreas Grutzeck, ist der „Zusammenhalt der Gesellschaft elementar“, zur Überwindung der aktuellen Krise. „Doch statt einer zusammenwachsenden Stadt erleben wir, dass die Spaltung zunimmt. Verschwörungstheorien greifen die Gemeinschaft an, zersetzen sie“, sagte Grutzeck dem Abendblatt. Das liege auch daran, „dass die Politik bei der Corona-Pandemie gegen einen unsichtbaren, bisher wenig bekannten Feind kämpft“.
Der Senat müsse daher „dringend ein Konzept erstellen, wie die politische Bildung in Zeiten der Corona-Pandemie mit innovativen, digitalen Formaten die Hamburger erreichen und Verschwörungstheorien spielerisch entlarven kann“. Der CDU-Antrag steht auf der Tagesordnung der nächsten Bürgerschaftssitzung am 13. Januar.
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