Detlef Scheele (SPD) hält den Sparkurs für verkraftbar - ohne, dass das System zusammen bricht. Die Opposition hingegen ist empört: “Unsozial“!

Hamburg. In Hamburg ist ein Streit um die Kürzung des Sozialetats entbrannt. Opposition und Sozialverbände wettern gegen die im Doppelhaushalt 2013/14 vorgesehenen Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro in der offenen Kinder- und Jugendhilfe, zeichnen ein Schreckensbild von geschlossenen Jugendhäusern und Bauspielplätzen. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) argumentiert mit den gesetzlichen Sparvorgaben und bleibt gelassen. "Hamburg kann die Schuldenbremse verkraften, ohne dass das soziale System in der Stadt zusammenbricht", sagte der Senator. Im Gespräch mit dem Abendblatt verteidigte er die geplanten Kürzungen.

Eines ist klar: Die Stadt muss sparen. Alle Behörden sind angewiesen, die Ausgaben maximal um ein Prozent ansteigen zu lassen. Ziel ist die Haushaltskonsolidierung bis 2020. Das Problem für die Sozialbehörde: Es gibt gesetzliche Sozialleistungen, die die Behörde bezahlen muss. In diesem Bereich ist Sparen unmöglich. Dazu gehören die Grundsicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Eingliederungshilfen, Kosten der Unterkunft oder Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Auch der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) ist ein sogenannter Schonbereich, der von Kürzungen ausgeschlossen ist. Zusätzlich hat Detlef Scheele eine Kürzung bei Frauenhäusern in dieser Legislaturperiode kategorisch ausgeschlossen.

"Ich habe schon immer darauf hingewiesen, dass wenn im Bereich der gesetzlichen Leistungen nicht Maß gehalten wird, es eng beim verbleibenden Budget der Behörde wird", sagte Scheele. Im Jahr 2011 haben die Bezirke im sozialen Bereich nach Behördenangaben 36 Millionen Euro ausgegeben, 2012 werden es 45,7 Millionen Euro sein. Das Budget wächst, weil zusätzlich die sozialräumlichen Hilfen mit 12,1 Millionen Euro finanziert werden. Jetzt hat die Sozialbehörde den Bezirken angekündigt, dass sie von diesen 45,7 Millionen Euro von 2013 an insgesamt 3,5 Millionen Euro werden einsparen müssen.

Das bedeute aber nicht automatisch das Aus für Träger der offenen Kinder- und Jugendarbeit. Anders als bisher könnten die Träger nämlich unter bestimmten Voraussetzungen auf den 12,1-Millionen-Topf der sozialräumlichen Hilfen zugreifen.

Christoph de Vries (CDU) ist trotzdem gegen die Kürzungen. "Das ist eine falsche und vor allem unsoziale Politik. Nun tritt das ein, was wir befürchteten: Wichtige Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche vor Ort müssen geschlossen werden. Man darf sich nicht erst um Jugendliche kümmern, wenn sie bereits auffällig sind", so de Vries. Ähnlich reagiert Christiane Blömeke (GAL): "Gerade nach dem Tod von Chantal muss das Netz der Jugendhilfe noch enger geknüpft werden. Aber der SPD-Senat macht genau das Gegenteil: Er reißt Löcher in dieses Netz. Die geplanten Kürzungen sind deshalb absurd und unsozial." Die Hamburger Wohlfahrtsverbände sehen "wichtige Angebote zur Prävention und Überwindung sozialer Problemlagen gefährdet".

Scheele hält dagegen, Hamburg sei grundsätzlich sehr gut ausgestattet. Laut Behörde gibt es mehr als 250 Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit. Zurzeit arbeitet die Behörde an einem Stadtplan, in dem sämtliche von der Stadt geförderten Einrichtungen und Maßnahmen in den entsprechenden Ortsteilen eingetragen werden. "Voraussichtlich bis zum 31. März werden wir eine Landkarte der in den Stadtteilen vorhandenen Maßnahmen und Einrichtungen haben", sagte Scheele. Dies werde helfen, nicht an der falschen Stelle einzusparen. Mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung an Kitas und Schulen würden zudem langfristig weniger Projekte der offenen Kinder- und Jugendhilfe benötigt. "Für alle Kinder und Jugendlichen wird es künftig zur Grundversorgung gehören, dass sie etwas zu essen und Zugang zur frühkindlichen Bildung bekommen, um so die Startunterschiede der Kinder zu minimieren", sagte Scheele.