Ärger im Bezirk Hamburg-Mitte. Innenbehörde verweigert neuerdings Genehmigungen. Erste Firmen sprechen von Umzug.

Hamburg. Die Innenbehörde sorgt für massive Verärgerung rund um den Großneumarkt, am Hafenrand und in der Altstadt. Auf den Straßen der betroffenen Quartiere dürfen nur Anwohner parken – und das zum Teil schon seit Jahren. Aber jetzt beklagen sich zunehmend dort ansässige Unternehmer, dass sie neuerdings keine oder zu wenig Ausnahmegenehmigungen für Parkplätze bekommen. Einige Firmen fürchten Umsatzeinbußen und überlegen gar, ihren Standort zu verlegen.

Beispielsweise Arne Baensch, 29, Inhaber der Werbegestaltungsagentur UNO mit neun Mitarbeitern an der Jan-Valkenburg-Straße in der Neustadt. „Wir hatten Ausnahme-Parkgenehmigungen für fünf Firmenwagen, sind darauf angewiesen, um schnell zu Kunden zu kommen oder fürs Be- und Entladen.“ Nun habe man ihm vier entzogen. Es habe lange Telefonate gegeben. „Es ist ein Skandal, Bürokratie“, klagt Arne Baensch. „Wir haben schon Kosten für Strafzettel für ein paar Hundert Euro.“ Warum es keine Ausnahmegenehmigungen mehr gebe, leuchtet dem Geschäftsmann nicht ein. „Wir behindern keine Anwohner, weil wir die Parkplätze nur tagsüber brauchen, dann sind aber die Anwohner meist weg. Wenn sie wiederkommen und den Parkraum brauchen, sind wir nicht mehr da“, sagt Baensch. Der Unternehmer überlegt nun, den Standort zu verlagern: „Vielleicht gehen wir nach Niedersachsen. Es ist schlecht für den Wirtschaftsstandort Hamburg, wenn man mit Unternehmern hier so umgeht.“

Verärgert ist auch Torsten Helf, Betreiber eines Eiscafés am Rademachergang. „Wir fühlen uns als Kleinstunternehmer schlecht behandelt“, beschwert sich der 32-Jährige. „Ich wollte eine Ausnahmegenehmigung für meinen Wagen, den wir dringend für Einkäufe und Auslieferung brauchen, das wurde abgelehnt.“

Massiv beeinträchtigt in ihrer täglichen Arbeit fühlt sich auch Heidrun Köhlert, 56, Geschäftsführerin der KS Media Produktionsgesellschaft. „Ich habe Verständnis für schwierige Parkraumsituationen. Aber wir müssen oft schnell großes Kamera-Equipment ein- und ausladen, sind beruflich darauf angewiesen“, sagt sie. Und: „Manchmal sehen wir tagsüber drei, vier freie Parkplätze, die wir aber nicht benutzen dürfen, das ist ein Dilemma. Jetzt haben wir unseren Wagen am Schlump geparkt, müssen ihn von dort holen. Wir verlieren dadurch viel Zeit und Geld.“

Bei der Innenbehörde ist das Thema lange bekannt. Zuständig für die Vergabe der Ausnahmegenehmigungen ist der Landesbetrieb für Verkehr. „Im Gegensatz zu den Bestimmungen zur Erteilung von Parkausweisen für Bewohner haben Gewerbetreibende keinen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Parken in der Bewohnerzone“, heißt es in einer Drucksache der Innenbehörde vom 18. Juni 2013. Im Klartext bedeutet das: Es ist Ermessenssache, ob Ausnahmegenehmigungen erteilt werden.

Weiter heißt es in der Drucksache der Innenbehörde: „Das Anwohnerparken, heute Bewohnerparken, wurde vom Gesetzgeber eingeführt, um die Steuerung einer geordneten verkehrlichen und sozialen städtebaulichen Entwicklung zu ermöglichen. Ziel der Bevorrechtigung von Bewohnern beim Parken in innerstädtischen Quartieren war und ist es insbesondere, deren Verdrängung aus innerstädtischen Wohnquartieren bzw. Abwanderung in das Stadtumland entgegenzuwirken.“ Zu diesem Zweck seien in den 1990er-Jahren auch in Hamburg die ersten Anwohnerparkzonen in einzelnen Wohnquartieren mit hohem Parkdruck eingeführt worden, so zum Beispiel auch rund um den Großneumarkt.

Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung setze voraus, „dass gewichtige Gründe vorliegen, die das öffentliche Interesse an der Einhaltung des angeordneten Verbots überwiegen“, argumentiert die Innenbehörde in dem Papier. Und: „Jedoch darf auch dann das Schutzgut (hier gesetzlich garantierte Privilegierung der Bewohner beim Parken) nicht wesentlich beeinträchtigt werden.“ Die restriktive Verfahrensweise bei der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen entspreche dem geltenden Recht, „ist daher nicht zu beanstanden und auch nicht zu ändern“.

Swantje Glismann, Sprecherin der Innenbehörde, kennt solche Beschwerden von Unternehmern und Kleinstbetrieben zu dem Thema. „Es ist kein Akt der Willkür, aber die Zahl der Autos in den Bereichen hat zugenommen, der Druck hat sich verschärft, deshalb muss man strenger reagieren“, sagt sie gegenüber dem Abendblatt.