Hansestadt hat sich erstmals von Rating-Agentur bewerten lassen und dabei gleich die Bestnote eingeheimst. Top-Bonität sichert der Stadt niedrige Zinsen und entlastet so den Haushalt.

Hamburg. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine wirre Ansammlung von Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen: AAA/stable/F1+ – dabei steht dieser Code tatsächlich für eine kleine Revolution in der Hamburger Finanzpolitik. Denn die Stadt hat sich erstmals von einer Rating-Agentur bewerten, also eine Art Schulnote für ihre Kreditwürdigkeit ausstellen lassen. Und das Ergebnis, das die US-Rating-Agentur Fitch vergab, kann man mit Bestnote übersetzen. Triple A, so die branchenübliche Bezeichnung für ein Dreifach-A, bekommen nur Schuldner höchster Bonität, bei denen das Ausfallrisiko auch langfristig betrachtet gen null tendiert. F1+ steht dafür, dass auch kurzfristig keine Probleme zu erwarten sind.

Abgesehen von der angenehmen Bestätigung, dass die Stadt trotz Schulden von knapp 25 Milliarden Euro noch als äußerst kreditwürdig angesehen wird, hat das auch ganz konkrete, positive Effekte. Denn Kreditnehmer mit einem guten Rating kommen günstiger an Geld. Und bei einer Kommune wie Hamburg, die Jahr für Jahr zwischen zwei und vier Milliarden Euro am Finanzmarkt aufnehmen muss – ganz überwiegend zur „Umschichtung“ alter in neue Kredite –, können schon kleine Veränderungen hinter dem Komma große Einsparungen nach sich ziehen. Den zweiten Punkt nennt die Finanzbehörde die „Erweiterung der Investorenbasis“: Viele institutionelle Anleger wie Fonds werben bei Anlegern damit, dass sie nur Anleihen mit einem Triple-A-Rating im Portfolio haben. Häufig untersagen es ihnen die internen Richtlinien sogar, andere Anleihen zu kaufen. Staatsanleihen von einem Bundesland ohne Rating kommen für solche Fonds also aus Prinzip nicht infrage.

Wie sich diese Effekte in Euro und Cent auswirken, darüber wollte der Senat auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Thilo Kleibauer keine Prognosen abgeben. „Die Effekte können im Einzelfall nicht beziffert werden“, heißt es. Sie hätten sich aber nach Auskunft der Bank, die jüngst eine Hamburg-Anleihe platziert habe, bereits bestätigt. Noch entscheidender für Anleger sei aber der „Rating-Report“: Diese ausführliche Einschätzung zur gesamtwirtschaftlichen Lage und Stabilität der Stadt wird Fitch voraussichtlich im Juli veröffentlichen.

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) räumte ein, dass er die Rolle der drei großen US-Rating-Agenturen vor allem mit Blick auf die Finanzkrise 2008 immer sehr kritisch gesehen hat. Denn mit ihrem Triple-A-Rating für Immobilienpakete, die sich später als Ramsch herausstellten, hatten sie die Krise mit ausgelöst. „Vorbehalte gegen die marktbeherrschende Stellung weniger großer Rating-Agenturen sind durchaus begründet und haben zur Forderung nach einer unabhängigen europäischen Rating-Agentur geführt“, sagte er. „Gleichwohl ist die Finanzbehörde verpflichtet, die Refinanzierungskosten, also die Zinsen, die wir für unsere Schulden zahlen müssen, möglichst niedrig zu halten.“

Nach Auskunft seiner Behörde seien andere Bundesländer wie Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein diesen Schritt bereits gegangen. Auch CDU-Finanzexperte Kleibauer findet es „grundsätzlich sinnvoll“, dass sich die Stadt „raten“ lässt. Er warnt aber davor, der Versuchung des billigen Geldes zu erliegen: „Die ausgeweiteten und günstigeren Refinanzierungsmöglichkeiten sollten nicht dazu verleiten, mehr Kredite als nötig aufzunehmen. Im Gegenteil: Oberstes Haushaltsziel muss es sein, möglichst gar keine Schulden mehr zu machen.“ Im Übrigen ändere ein gutes Rating auch nichts daran, dass der finanzielle Spielraum im Haushalt durch Pensionslasten und Zinszahlungen langfristig begrenzt sein wird, so Kleibauer.

Wegen der niedrigen Zinsen schlägt der Schuldendienst der Stadt (also Zinsen und Tilgung) im Jahr 2013 „nur“ mit 1,024 Milliarden Euro zu Buche. Bei einem Haushalt von knapp zwölf Milliarden Euro sind das gut acht Prozent. Zum Vergleich: 2010 mussten sogar 1,15 Milliarden Euro für den Schuldendienst aufgebracht werden, was damals gut zehn Prozent des Etats entsprach. Und seinerzeit ging der CDU/GAL-Senat davon aus, dass er 2013 mehr als 1,3 Milliarden Euro für Zinsen und Tilgung würde aufbringen müssen. Auch der heutige SPD-Senat kalkuliert vorsichtshalber schon mit steigenden Zinsen. Mit anderen Worten: Die Ausgaben in diesem Bereich schwanken stark und könnten die Stadt bald noch stärker belasten – dagegen sichert sie sich mit dem Rating etwas ab.

Das hat seinen Preis. 25.000 Euro Grundgebühr pro Jahr erhält Fitch für die Dienstleistung. Hinzu kommt eine Gebühr, die abhängig ist vom Volumen der Anleihen, die die Stadt aufnimmt. Bei zwei bis vier Milliarden Euro wären das etwa 15.000 Euro. Diese 40.000 Euro, so die interne Einschätzung des Senats, dürften durch die positiven Effekte locker mehr als ausgeglichen werden.