Seit genau einem Jahr gilt das Kontaktverbot für Freier in St. Georg. Doch die Bilanz nach einem Jahr fällt ernüchternd aus.

Hamburg. Seit einem Jahr heißt es für Freier "Strafe statt Sex", wenn sie im Sperrbezirk von St. Georg eine Prostituierte ansprechen. Männer, die bei Verhandlungen mit einer Prostituierten erwischt werden, müssen bis zu 5000 Euro Strafe zahlen.

Das Verbot sollte leicht durchsetzbar sein, die Straßenprostitution eindämmen, den Stadtteil sicherer machen. Doch die Bilanz nach einem Jahr fällt ernüchternd aus - für alle Seiten, für Polizei, Anwohner und nicht zuletzt für die Prostituierten selbst.

"Durch das Kontaktanbahnungsverbot hat sich schon einiges verändert", sagt Angela Bähr, die bei der Diakonie unter anderem für die Frauensozialarbeit zuständig ist. "Unsere Sozialarbeiterinnen stellen fest, dass die Bewegungen auf der Straße weniger geworden sind." Man treffe die Frauen heute eher in Bars und Hotels an. "Die Anbahnung findet jetzt dort statt. Insofern können wir nicht sagen, dass das Kontaktanbahnungsverbot dazu geführt hat, dass es jetzt weniger Prostitution in St. Georg gibt", sagt Bähr.

Eine Erfahrung, die auch die Bewohner und Geschäftsleute des Viertels gemacht haben. Die Situation habe sich "nur punktuell verbessert", sagt Martin Streb vom Bürgerverein St. Georg. "Die gute Erfahrung ist, dass die Freier weniger aggressiv vorgehen", erklärt er. Anwohnerinnen und Passantinnen würden heute - wenn überhaupt - nur noch selten von Männern auf der Suche nach käuflichem Sex angesprochen. Was sich jedoch nicht geändert habe, berichten Anwohner, sei die Zahl der Prostituierten insgesamt und die Lärmbelästigung im Viertel.

Die Eindrücke vor Ort spiegeln sich in jenen Zahlen wider, die Stefanie von Berg, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, beim Senat abgefragt hat. 211-mal wurden Freier im ersten Jahr des Verbots wegen eines Verstoßes angezeigt, Prostituierte sogar 615-mal. Von Berg wollte außerdem wissen, welche Bilanz die Stadt nach einem Jahr Kontaktverbot in St. Georg zieht. Die Antwort bleibt ihr der Senat aus ihrer Sicht schuldig. Bekommen hat von Berg vor allem eine Bestätigung für die Befürchtungen, die die Grünen und weitere Teile der Opposition bereits im vergangenen Jahr geäußert hatten. Die Sexarbeit im Sperrgebiet würde wieder im Verborgenen stattfinden, sagt von Berg, "mit all den Gefahren, die damit für die Frauen verbunden sind".

Hinzu komme, dass sich ein Teil des Straßenstrichs nach St. Pauli verlagert habe, sagt Angela Bähr. Denn dort dürfen Frauen zu bestimmten Uhrzeiten am Abend und in der Nacht legal auf der Straße nach Freiern suchen.

Der Straßenstrich habe sich nicht merklich verlagert, heißt es dagegen von der Polizei. "Was sich über Jahrzehnte verfestigt hat, lässt sich nicht innerhalb eines Jahres nachhaltig ändern", sagt Polizeisprecherin Ulrike Sweden. Dennoch sei das Kontaktverbot ein wichtiger Baustein "im Kampf gegen die Prostitution". "Wir wissen, dass es keine einfachen Lösungen gibt", sagt Grünenpolitikerin Stefanie von Berg. Dennoch fordert sie den Senat auf, endlich mehr zu tun.