Das Kontaktverbot auf dem illegalen Straßenstrich bringt 41.600 Euro Bußgeld. Das bewirkt aber nur, dass die Szene in die Bars ausweicht.

St. Georg. Schwere Zeiten für Prostituierte und Freier in St. Georg. Seit Februar gilt dort die Kontaktverbotsverordnung, und die Polizei greift durch: Bislang wurden gegen Freier 89 Bußgelder zwischen 200 und 800 Euro erhoben - insgesamt müssen die Herren 19 200 Euro bezahlen, weil sie Prostituierte auf dem illegalen Straßenstrich angesprochen hatten. Im Wiederholungsfall drohen Geldbußen von bis zu 5000 Euro. In 78 Fällen wurden zudem Prostituierte wegen der verbotenen Straßenprostitution im Sperrgebiet belangt und mussten insgesamt 22 400 Euro bezahlen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Bürgerschaftsabgeordneten Kersten Artus (Linke) hervor.

Die Polizei wertet die Kontaktverbotsverordnung als Erfolg. "Die Zahl der Prostituierten und der Freier ist im Bereich St. Georg seit Februar zurückgegangen", sagt Uwe Stockmann, Stabsleiter im Polizeikommissariat 11 (PK 11) am Steindamm. Die Prostitution habe sich verlagert in Milieukneipen innerhalb des Stadtteils, und dort sei die Kontaktaufnahme nicht verboten, so Stockmann weiter.

Der Polizei ist wichtig: "Die Präsenz der Prostitution im öffentlichen Straßenraum soll eingedämmt werden, und das haben wir erreicht", sagt Stockmann. Die Polizei, die im PK 11 um zehn zusätzliche Mitarbeiter verstärkt wurde, greift durch: "Wenn wir einen Freier bei der Kontaktanbahnung erwischen, dann gibt es keine Verwarnung, sondern sofort ein Bußgeld. Auch wirkt das abschreckend, und die Freier machen dann einen Bogen um den Straßenstrich in St. Georg", sagt Stockmann.

"Der Verfolgungsdruck auf Freier und die Prostituierten durch die Polizei muss weiter verschärft werden." - Karl-Heinz Warnholz (CDU)

Die Zahl derer, die sich im Bereich St. Georg prostituieren, schätzt die Polizei zurzeit auf 225 Personen.

Trotz der ersten Erfolge gehören die Prostituierten vor allem ab den Nachmittagsstunden im Bereich Steindamm/Hansaplatz noch immer zum Straßenbild: "Einen Stadtteil im Bereich des Hauptbahnhofs werden sie nie ganz clean bekommen. Aber zumindest sind die ersten Erfolge sichtbar, und die verstärkte Polizeipräsenz zeigt Wirkung", sagt Helmut Voigtland, Vorsitzender des Bürgervereins St. Georg.

Aber das reicht dem CDU-Innenexperten Karl-Heinz Warnholz noch nicht: "Der Verfolgungsdruck auf die Freier und die Prostituierten durch die Polizei muss weiter verschärft werden. Dass in 89 Fällen seit Februar ein Bußgeld verhängt wurde, ist ein Anfang, aber damit ist der illegale Straßenstrich noch lange nicht verschwunden." In einem Stadtteil wie St. Georg, in den immer mehr Familien ziehen, habe Straßenprostitution nichts zu suchen. Quartiersmanager Wolfgang Schüler: "St. Georg hat sich im Bereich der Langen Reihe, in der Prostitution schon lange kein Thema mehr ist, zu einem charmanten Stadtteil mit hoher Lebensqualität entwickelt." Das wünsche er sich auch für den Bereich Steindamm/Hansaplatz. Schüler sagt: "Es ist nicht länger hinzunehmen, dass ein Riss durch St. Georg geht."

Aber es gibt auch eine ganz andere Position. Die Vizepräsidentin der Bürgerschaft und Expertin für Frauenpolitik, Kersten Artus (Die Linke), fordert: "Das Kontaktverbot muss sofort wieder abgeschafft werden. Es dient einzig und allein dazu, ein schönes Bild vom Hansaplatz zu vermitteln. Aber den betroffenen Sexarbeiterinnen wird dadurch geschadet." Die Frauen seien auf die Einkünfte angewiesen und dürften nicht aus ihrem gewohnten Umfeld verdrängt werden. Der Linken-Politikerin Artus ist zudem wichtig: "Wir brauchen mehr Ausstiegsangebote für die Betroffenen." Der Grünen-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Mitte, Michael Osterburg, sagt: "Wir müssen die Prostituierten vor Gewalt und Unterdrückung schützen, deshalb ist es richtig, die Freier wegen der Kontaktaufnahme zu bestrafen." Wichtig sei auch, durch spezielle Programme den betroffenen Frauen zu helfen, Alternativen zur Prostitution zu finden.

Der Stadtteil St. Georg ist bereits seit 1980 Sperrgebiet, das heißt Prostitution ist hier offiziell verboten. Doch das hat in den vergangenen Jahrzehnten die Huren und Zuhälter wenig gekümmert. In einer Senatsdrucksache zum Kontaktverbot hieß es dazu: "Insbesondere im Zuständigkeitsbereich des PK 11 sind mit der Straßenprostitution erhebliche Beeinträchtigungen für den Stadtteil beziehungsweise deren Bewohner verbunden.