Hamburg wird im Länderfinanzausgleich zum Nehmer. Dabei hatte Stadt 2012 mit neun Milliarden Euro so viel Steuern in Kasse wie nie zuvor.

Hamburg. Auf den ersten Blick ist es absurd: Hamburg hatte 2012 nach vorläufigen Zahlen mit knapp neun Milliarden Euro so viel Steuern in der Kasse wie nie zuvor - dennoch wird es im Länderfinanzausgleich 2012 erstmals seit fast 20 Jahren wieder vom Geber- zum Nehmerland. Statt 200 Millionen Euro einzuzahlen, wie im Hausalt eingeplant, erhält die Stadt 21 Millionen Euro. Zuletzt war Hamburg 1994 mit 31 Millionen Euro aus dem Topf alimentiert worden, der die "Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse" in Deutschland sicherstellen soll.

Seitdem hat die Stadt knapp fünf Milliarden Euro an ärmere Länder überwiesen - Höhepunkt war 2003, als Hamburg mehr als 650 Millionen Euro abgeben musste. Allerdings gingen die Zahlungen seitdem relativ kontinuierlich zurück, und seit der ersten großen Finanzkrise 2009 pendelte die Stadt stets an der Grenze vom Zahler- zum Geberland. In den Jahren 2009 bis 2011 wurden "nur" noch 45 bis 65 Millionen Euro pro Jahr abgeführt. 2011 war die Stadt zum Stichtag 30. Juni schon einmal Empfänger, aufs Gesamtjahr gerechnet dann aber doch wieder Zahler.

Zum Vergleich: Der Haushalt Hamburgs umfasst gut 11,5 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu Berlin, das rund 15 Prozent seines Jahresetats aus Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich bestreitet, ist diese Verteilung für Hamburg nicht existenziell. Grundsätzlich profitieren beide Länder, ebenso wie Bremen, vom "Stadtstaatenprivileg": Weil sie Land und Kommune zugleich sind und daher mehr Aufgaben haben als die Flächenländer, dürfen sie von den eingenommenen Steuern einen größeren Anteil behalten - ein Prinzip, das sie mit schöner Regelmäßigkeit gegen Begehrlichkeiten verteidigen.

Aus Sicht Hamburgs am wirkungsvollsten wäre die Abkehr von dem Prinzip, wonach Steuern nicht am Ort des Arbeitsplatzes, sondern am Wohnort gezahlt werden. Das führt dazu, dass die Hansestadt jährlich zwar rund 50 Milliarden Euro an Steuern eintreibt, davon aber gut 40 Milliarden gleich weiterleitet, an den Bund und andere Länder. Erst danach kommt der Länderfinanzausgleich zum Tragen. Daher plädiert Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) dafür, die Bund-Länder-Beziehungen einmal "grundlegend" zu diskutieren.