Hansestadt wurde 2012 vom Geberland zum Nehmerland im Finanzausgleich

Hamburg. Es ist zwar nur eine kleine Verschiebung, aber die Auswirkung hat große Symbolkraft: Hamburg war 2012 erstmals seit fast 20 Jahren wieder Nehmerland im Länderfinanzausgleich. Statt wie bislang in den Topf einzuzahlen - 2011 waren es 62 Millionen Euro -, erhielt die Hansestadt 21 Millionen Euro. Obwohl der Stadtstaat nach wie vor als sehr wohlhabend gilt, bekam er also Finanzhilfe aus reicheren Ländern.

Zu diesen Geberländern gehören nur noch Bayern (zahlte 3,9 Milliarden Euro ein), Baden-Württemberg (2,7 Milliarden) und Hessen (1,3). Größter Empfänger von Finanzhilfen war Berlin mit gut 3,3 Milliarden Euro, gefolgt von den fünf ostdeutschen Bundesländern. Auch Hamburgs Nachbarn Niedersachsen (erhielt 173 Millionen) und Schleswig-Holstein (129 Millionen) sind Nehmerländer. Das geht aus vorläufigen Zahlen des Bundesfinanzministeriums für 2012 hervor, über die das "Handelsblatt" berichtet.

"Es ist auf den ersten Blick natürlich positiv, wenn wir Geld erhalten", sagte Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) dem Abendblatt. "Aber dahinter steht das Problem einbrechender Steuereinnahmen." Bis einschließlich Oktober seien die Steuern zwar stärker gesprudelt als erwartet, im November und Dezember dann aber im Vergleich zum Vorjahr stark zurückgegangen. Tschentscher führt das vor allem auf die langsam erlahmende Konjunktur zurück. "Eine Wirtschaftsmetropole wie Hamburg spürt konjunkturelle Bewegungen nach oben oder unten erfahrungsgemäß schneller und stärker. Der Rückgang der Steuereinnahmen, den wir für 2013 prognostiziert hatten, scheint schon etwas früher einzusetzen." Der Finanzsenator betonte aber, dass Hamburg nach wie vor unter den 16 Bundesländern über die viertstärkste Finanzkraft verfüge.

Bayern und Hessen nehmen die neuen Daten zum Anlass, ihre angedrohte Klage gegen den Länderfinanzausgleich am 5. Februar auf den Weg zu bringen. Das kündigte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) an. Der Finanzausgleich sei eine "himmelschreiende Ungerechtigkeit", sagte Seehofer. "Wir sind solidarisch, aber nicht blöd." Seinen Appell an Baden-Württemberg, sich der Klage anzuschließen, wies die grün-rote Landesregierung jedoch zurück. Hamburgs Finanzsenator Tschentscher ist ebenfalls skeptisch. "Auch als Zahlerland haben wir diesen Vorstoß nicht unterstützt", sagte er dem Abendblatt. "Man kann den Finanzausgleich nicht isoliert betrachten. Wir müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen grundlegend diskutieren."

Roland Heintze, Haushaltsexperte der CDU-Bürgerschaftsfraktion, nannte die neuen Zahlen einen "Schock für Hamburg" und ein "Anzeichen dafür, dass unsere Stadt im Wettbewerb der Länder zurückfällt". FDP-Fraktionschefin Katja Suding sagte: "Jetzt regiert die SPD nicht mal zwei Jahre in Hamburg, und schon wird auch unsere Stadt nach fast 20 Jahren wieder zum Hilfeempfänger." SPD-Finanzexperte Jan Quast wies die Kritik als "absurd" zurück. Hamburg stehe bereits seit 2009 an der Schwelle vom Zahler- zum Nehmerland. Es erweise sich nun als richtig, dass der Senat von den prognostizierten Steuereinnahmen "Vorsichtsabschläge" von knapp 500 Millionen Euro vorgenommen habe.