Abfallhaufen gibt es an vielen Stellen der Stadt - und ab 2013 hat das Unternehmen zudem noch vier Millionen Euro weniger zur Verfügung.

Hamburg. Den Anwohnern der Heinrich-Barth-Straße bietet sich in diesen Tagen ein unschöner Anblick. Seit die Stadtreinigung im Gebiet rund um die Sedanstraße und die Rutschbahn in Rotherbaum acht der 68 Papierkörbe abgebaut hat, liegt immer häufiger Müll neben den Behältern und auf der Straße. Dort, wo früher die roten Körbe mit den lustigen Sprüchen hingen, legen Hundebesitzer heute ihre Kotbeutel einfach neben dem Laternenmast ab. Die Gegend rund um den Grindelhof ist längst kein Einzelfall. Am Wesselyring unweit des Stadtparks, an der Fruchtallee in Eimsbüttel, am Rand der Ehrenbergstraße in Altona-Altstadt - überall bot sich am Wochenanfang ein ähnliches Bild: Papiermüll, der sich stapelt, achtlos weggeworfene Flaschen und Tüten, manchmal sind es ganze Abfallberge. Nicht alles lässt sich gut eine Woche nach Silvester mit den Resten der Feiertage erklären.

Auf die Nachfrage einer Anwohnerin aus Rotherbaum teilte die Stadtreinigung mit, dass man nicht mehr Papierkörbe aufstellen könne, weil lediglich für die aktuelle Anzahl genug Geld zur Verfügung stehe. Es könnte sogar noch schlimmer kommen: Denn die Stadt hat die Mittel, die die Stadtreinigung unter anderem für das Leeren der Abfallkörbe bekommt, gerade gekürzt. 2012 waren rund 24 Millionen Euro veranschlagt, für das Jahr 2013 stehen nur noch rund 20,6 Millionen Euro zur Verfügung. Die Umweltbehörde, die für die Mittelvergabe zuständig ist, sagt, dass das keine Auswirkungen auf die Sauberkeit in der Stadt habe. Die Beseitigung von wildem Müll und der Papierkorbdienst würden zukünftig lediglich nicht mehr mit einer Zuwendung, sondern aus den Abfallgebühren finanziert. Auf Erhöhungen müssten sich die Verbraucher jedoch nicht einstellen. "Es wird ohne Erhöhung umgeschichtet", erklärte Behördensprecher Volker Dumann. Details nannte er nicht.

Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung, spricht von "Rationalisierungsmöglichkeiten", die das Unternehmen gerade auslote. Eine Idee: Es werden weniger, aber dafür größere Abfalleimer aufgestellt, um Personal bei der Leerung einsparen zu können. Zurzeit gibt es rund 8800 Papierkörbe im Stadtgebiet.

Dass bereits welche abmontiert wurden, etwa in Rotherbaum, begründet Fiedler damit, dass diese entweder nicht genutzt oder aber "missbraucht" worden seien. Anwohner hätten beispielsweise illegal ihren Hausmüll in den kleinen roten Tonnen entsorgt. "Das Volumen der Papierkörbe ist bisher nicht reduziert worden", sagt Fiedler. Die Zahl der Körbe habe aber vor einigen Jahren um 300 höher gelegen.

Rund 300.000 Liter Müll holt die Stadtreinigung pro Woche aus den roten Papierkörben. Jeder wird im Durchschnitt 3,7-mal pro Woche geleert. "Dass ein Papierkorb überfüllt ist, kann trotzdem schon einmal vorkommen", sagt Fiedler. Anwohner, denen das auffalle, könnten sich an die Hotline der Stadtreinigung unter 257 611 11 wenden. Dann werde der Müll beseitigt.

Rebekka Gerlach hat das Phänomen der Vermüllung an der Humboldt-Universität in Berlin wissenschaftlich untersucht. Sie arbeitet am Institut für Psychologie, das im Auftrag der Hamburger Stadtreinigung und anderer Entsorger, untersucht, warum Menschen Müll achtlos auf die Straße werfen. Fachleute bezeichnen das als "Littering". "Die meisten von uns Befragten haben angegeben, dass sie den Abfallbehälter nicht gesehen haben oder dass keiner in ihrer Nähe war", erklärt Gerlach.

"Wir haben diese Aussagen dann überprüft und in mehr als 40 Prozent der Fälle war der Abfallbehälter maximal zehn Meter entfernt." Das Argument, es gebe zu wenige Abfallbehälter in den Städten, konnten die Forscher widerlegen. "Entscheidender ist, dass die Papierkörbe wahrgenommen werden. Diese müssen sinnvoll platziert und auffällig sein", sagt Gerlach.

Es gebe aber noch weitere Maßnahmen, die Stadtreinigungen ergreifen könnten, um "Littering" zu reduzieren, erklärt Gerlach. Strafen, wie oftmals gedacht werde, "sind nach unseren Erfahrungen aber nur bedingt geeignet". Diese müssten sofort nach dem Fehlverhalten ausgesprochen werden, damit sie Wirkung entfalten könnten. Das wiederum können die Ordnungsämter aber in den seltensten Fällen leisten.

"Geeignet sind sensibilisierende Maßnahmen wie Plakatkampagnen", so Gerlach. Da diese aber nur eine kürzere Zeit wirken, funktionierten sie am besten, wenn sie mit anderen Projekten kombiniert würden. "Das könnte beispielsweise die Übernahme von einer Patenschaft für eine bestimmte Straße oder einen Platz sein, die Anwohner übernehmen könnten. Ein Projekt, das in diese Richtung geht, sind auch die Kümmerer in Hamburg. Sie tragen dazu bei, dass sich das Verhalten der Anwohner ändert." Rund 20 Mitarbeiter hat die Stadtreinigung dort im Einsatz.