Fraktion will Wechsel vom Gymnasium in Klasse 11 der Stadtteilschule erlauben. Hamburgs Schulsenator Ties Rabe hatte dies ausgeschlossen.

Hamburg. Diese Erfahrung bleibt den Abgeordneten der Opposition meistens verwehrt: Die Mehrheitsfraktion der SPD will morgen in der Bürgerschaft einem Antrag der oppositionellen FDP zur größeren Flexibilität beim Wechsel zwischen Gymnasium und Stadtteilschule zustimmen. Danach soll es künftig möglich sein, dass Schüler am Ende der Klasse 10 vom Gymnasium in die elfte Klasse der Stadtteilschule wechseln können. Genau diesen Weg hatte Schulsenator Ties Rabe (SPD) per Verordnung mit Ende dieses Schuljahres verschlossen.

Der Wechsel kommt vor allem für die Schüler in Betracht, die in der Oberstufe etwas längere Zeit bis zum Abitur benötigen: Statt zwei, wie auf dem Gymnasium, haben sie auf der Stadtteilschule drei Jahre Zeit. Die Zahl der Wechsler war von 2010 mit 61 auf zuletzt 101 Gymnasiasten gestiegen.

"Wir freuen uns, dass die SPD unserer Initiative zustimmt. Das nimmt den Druck aus der G8-Problematik, die auf vielen Eltern und Schülern immer noch lastet", sagte die FDP-Bildungspolitikerin Anna von Treuenfels. "Wir mussten abwägen", sagte der SPD-Schulpolitiker Lars Holster. Auf der einen Seite stand das Argument, Eltern könnten ihre Kinder erst einmal für die fünfte Klasse des Gymnasiums anmelden, später bliebe ja noch der "Ausweg" Stadtteilschule, wenn es nicht so gut läuft. "Auf der anderen Seite können wir mit dem Schulformwechsel am Ende der Klasse 10 die Oberstufen der Stadtteilschulen stärken. Das ist uns wichtiger", sagte Holster.

Trotz der gestiegenen Belastung und der geringeren Freizeit, über die nach wie vor Schüler auf dem achtstufigen Gymnasium klagen, belegt die aktuelle KESS 12 - Studie ("Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern", siehe Text unten), dass die Schulzeitverkürzung nicht zu einem Leistungseinbruch führt. Beim direkten Vergleich mit dem Abi-Jahrgang 2005, der nach neun Gymnasialjahren Abitur machte, schnitt vor allem die Leistungsspitze besser ab. Getestet wurden nach identischen Verfahren die Kompetenzen in den Fächern Englisch, Mathematik und im Bereich naturwissenschaftliche Grundbildung.

"Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die Einführung des G 8 als auch die stärkere Leistungsorientierung der Gymnasien - etwa durch zentrale Prüfungen - unter den CDU-Senaten richtig war", sagte der CDU-Bildungspolitiker Robert Heinemann. Besonders beeindruckend sei, dass sich die Leistungen trotz der deutlichen Erhöhung der Abiturientenquote um 33 Prozent verbessert hätten.

Zu einem völlig anderen Ergebnis kommt Heinemanns Fraktionskollege, der parteilose Abgeordnete Walter Scheuerl. "Die G8-Abiturienten haben schlechtere Leistungen erzielt als ihre Vorgänger 2005 im G 9", sagte Scheuerl. Der Anwalt bezieht sich auf zwei der fünf Einzeltests im Englischen, bei denen nur die Leistungsspitze 2011 besser ist als 2005. Bei der mathematischen Grundbildung ist das untere Viertel des Leistungsspektrums 2011 schwächer als sechs Jahre zuvor.

Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn wirft den früheren Senaten und dem aktuellen Versäumnisse vor: "Die Politik hat mit der unvorbereiteten Einführung des G8 Schüler, Eltern und Lehrer alleingelassen." Viele Jugendliche klagten, dass sie kaum noch Freizeit hätten. "Wir hoffen, dass der Positivtrend der Gymnasien sich auch an den Stadtteilschulen abbildet", sagte die Grünen-Abgeordnete Stefanie von Berg. Die Ergebnisse der Leistungen der Abiturienten an Stadtteilschulen will Rabe im Frühjahr präsentieren.