Die Partei fordert den Senat auf, 200 zusätzliche Steuerprüfer einzustellen. “Es fehlt in der Finanzverwaltung an allen Ecken und Enden.“

Hamburg. "Verschenkt" Hamburg Jahr für Jahr 100 Millionen Euro, weil es Steuern nicht konsequent einzieht? Das wirft jedenfalls die Fraktion der Linkspartei in der Bürgerschaft dem SPD-Senat vor. Mittels einer ganzen Reihe von Anfragen an den Senat haben die Linken Daten zum Steuervollzug zusammengetragen und sind zu dem Schluss gekommen: "Es fehlt in der Finanzverwaltung an allen Ecken und Enden", so Fraktionschefin Dora Heyenn.

Folgende Fakten kritisieren die Linken: Die Zahl der Großbetriebe in Hamburg ist seit 2008 um 1000 oder 17 Prozent auf 6743 gestiegen, die Zahl der Betriebsprüfer aber nicht, im Gegenteil: Mehr als 100 Betriebsprüfer werden nicht in ihrem Kerngebiet, sondern im Veranlagungsbereich, also für "Kleinkram", eingesetzt. Ohnehin seien von den 751 Stellen für Betriebsprüfung und Umsatzsteuersonderprüfung nur 633 besetzt - es fehlen also 117 Fachkräfte. Auch ein Langzeitvergleich bestätigt diesen Trend: Gab es 2007 noch 3226 Stellen in den Hamburger Finanzämtern, sollen es 2016 laut Planung des Senats nur noch 3186 sein.

Die Zahlen stehen im Widerspruch zu den Aussagen der SPD zu Oppositionszeiten, im Wahlkampf und auch nach Regierungsübernahme. "In Hamburg werden wir durch eine ausreichende Zahl gut ausgebildeter Betriebsprüfer einen vollständigen Steuervollzug sicherstellen", hieß es noch im Frühjahr 2011 im offiziellen Arbeitsprogramm des Senats. Von "vollständig" kann aber keine Rede sein. Das zeigen regelmäßig die Schweizer CDs mit Daten über Steuerflüchtlinge, die von Ländern wie Nordrhein-Westfahlen angekauft werden. Mit knapp 160.000 Euro hat sich Hamburg bislang an diesen Ankäufen beteiligt, aber dadurch schon gut 60 Millionen Euro mehr eingenommen. Wie das Abendblatt bereits im August berichtet hatte, geht im Schnitt täglich eine Selbstanzeige eines Steuersünders bei den Hamburger Behörden ein. Dieser Trend hält an. Insgesamt 535 "Spurenakten" gelangten im Zuge der CD-Ankäufe nach Hamburg.

2009 hatten nach Senatsangaben 63 Steuerfahnder insgesamt 68 Millionen Euro in die Staatskasse geholt. 2010 kamen 64 Fahnder auf knapp 119 Millionen, und 2011 waren es bei 63 Mitarbeitern 29 Millionen. Die Linken halten sich an die Faustformel, wonach ein Steuerfahnder im Schnitt eine Million Euro pro Jahr "verdient" und fordern den Einsatz von 200 weiteren Fahndern. Selbst "konservativ gerechnet", so Finanzexperte Norbert Hackbusch, würde das der Stadt 100 Millionen Euro pro Jahr einbringen. Fazit von Fraktionschefin Dora Heyenn: "Solange nicht alle Hamburger ordnungsgemäß ihre Steuern zahlen, sind Kürzungen an anderer Stelle, wie sie der Senat plant, nicht akzeptabel."