Nach 59 Jahren schließt der Laden, in dem die Beatles frühstückten. Jetzt kamen 20 Star-Club-Veteranen noch einmal zusammen.

St. Pauli. Auf den Tellern Torte, groß und mächtig, Toast Hawaii oder Schnitzel mit ganz viel Pommes. Speisen eben, die nachmittags um 15 Uhr gern genossen werden im gut gefüllten Café Möller direkt neben der Großen Freiheit auf St. Pauli. Eine Atmosphäre wie im Wohnzimmer; man kennt einander. So wie die Herren, die sich an einem langen Tisch in der Ecke versammelt haben. Alle zwischen 60 und 70 Jahre alt. Alle haben sich kleine Anstecker angeheftet, auf denen steht Star-Club, Beatles oder Liverpool.

Es sind Veteranen - des Rock 'n' Roll. Einmal im Monat, stets sonnabends, treffen sie sich im Café Möller, wo einst die Beatles frühstückten, Tee tranken und viele Erinnerungen hinterließen. "Rock 'n' Roller! Das sind wir damals geworden - und das sind wir immer noch", sagt Klaus Cordt, der eigens aus Schweden angereist ist.

Doch es wird im Café Möller das letzte Treffen jener 20 Männer, die St. Pauli, den Star-Club und die Musik von damals so tief im Herzen tragen, dass ihr Leben davon immer noch bestimmt wird. Denn Ende des Monats schließt das Café Möller - nach 59 Jahren in Familienbesitz. Inhaber Jens Möller kann die saftige Mieterhöhung nicht tragen.

Die Erinnerung bleibt bei den Stammgästen - auch an die gute alte Zeit. "Es wird zwei Kisten geben. In die eine kommt meine Star-Club- und Plattensammlung zum Vererben; in die andere ich", sagt Harald Mau, 67, ehemals Schweißer auf der Werft "bei Blohm", der sich an viele Erlebnisse noch genau erinnert.

Wie er als Auszubildender nach der Spätschicht durch den Alten Elbtunnel nach St. Pauli ging, die Nacht durchmachte und der Erste in der Reihe jener war, die darauf warteten, dass der legendäre Star-Club endlich öffnete. "Nein, das war nicht verrückt, das war unser Leben", sagt Harald Mau. "Wir kannten ja nur Peter Kraus und Freddy Quinn, eben: nur Schlager. Und dann kamen die Beatles in den Star-Club, das war die Sensation!", sagt Klaus Cordt, 67. "Die haben uns vor dem Sofa gerettet."

Dann kommt ein Satz, den man immer wieder auf St. Pauli hört: "Ich habe hier etwas fürs Leben gelernt: Es gibt immer jemanden neben dir, der stärker ist. Auch im Kopf. Das heißt, du hast jeden, der neben dir steht, erst mal zu respektieren. Das habe ich aus den 1960er-Jahren von St. Pauli mit nach Schweden genommen", sagt Klaus Cordt. Nach Schweden hat es ihn der Liebe wegen verschlagen. Heute arbeitet Klaus Cordt dort als Manager der Band Liverpool, die sich "die Beatles von Schweden" nennen. Weiterhin betreut der Rock 'n' Roller ein Projekt, das Kinder an Musik heranführt.

Genau wie Achim Schultz, 62, der aus München zum Treffen an die Elbe gekommen ist. Im Hauptberuf handelt er mit Autoersatzteilen. Seine Berufung aber ist und bleibt der Rock 'n' Roll. Dafür hat er sich ein Studio eingerichtet, in das "gern junge Bands kommen und ihre erste CD aufnehmen können".

Achim Schultz, der so schnell redet, dass er keinen Bissen der Torte von Café-Chef Jens Möller schafft, trägt einen dunklen Anzug, so breit gestreift wie aus einer Gaunerkomödie, einen schwarzen Seidenschal mit Notenschlüsselmuster und die obligatorischen Pins am Revers. Darunter trägt er einen besonderen, den goldenen Star-Club-Pin. "Den hab ich mir beim Juwelier machen lassen", sagt er lachend, "statt Zahngold! Den würde ich nie im Leben verkaufen."