SPD-Politiker Werner Dobritz greift Kita-Regelung an. Auch der Wohlfahrtsverband attackiert die Hamburger Sozialbehörde.

Hamburg. Im Streit um die Finanzierung der Kita-Plätze melden 164991sich nun erstmals auch die betroffenen Träger zu Wort. Joachim Speicher, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der mehr als 320 Mitgliederorganisationen vertritt, fordert, "die Verträge einzuhalten". Hintergrund sind Vorschläge der Sozialbehörde, gegenüber den Trägern der Kindertagesstätten zugesagte Etat-Steigerungen geringer ausfallen zu lassen.

Im Landesrahmenvertrag ist festgelegt, wie viel Geld die Stadt den Kitas zahlt. Gleichzeitig regelt der Vertrag die jährlichen Steigerungen, damit Tariferhöhungen oder höhere Energiekosten ausgeglichen werden können. Ursprünglich kamen Sozialbehörde und Träger mehrmals im Jahr zusammen, um darüber zu verhandeln. Da dieses Verfahren langwierig war, sollte die Steigerung, die nach bundesweiten Indizes berechnet wird, im Voraus festgelegt werden. Für 2012 sah der Vertrag eine Steigerung in Höhe von 2,1 Prozent vor. Davon will die Stadt aufgrund ihrer Sparbemühungen abrücken. Im Gespräch waren mehrere Modelle. Eines sah ein Plus von 0,88 Prozent vor. Diesen Wert hat der Senat festgesetzt, um die Schuldenbremse einhalten zu können. Mittlerweile setzt sich die Schiedsstelle damit auseinander. Die Träger sahen bei den Verhandlungen zuvor nicht ein, etwa die Ausgaben für das Essen von 4,50 Euro auf 3,50 Euro zu senken. Dies würde zu einer Verschlechterung der Qualität führen, lautete ihr Argument. Für dieses Geld könne nicht mehr selbst gekocht werden, Kitas müssten sich von Großküchen beliefern lassen.

Werner Dobritz, ehemaliger geschäftsführender Vorstand der Rudolf-Ballin-Stiftung, kritisiert, dass die Träger die SPD-Wahlgeschenke bezahlen müssten. Im Wahlkampf hatte die SPD versprochen, den Elternbeitrag zum Kita-Essen in Höhe von einem Euro pro Kind und Tag zurückzunehmen. Der Vorwurf kommt in diesem Fall nicht von der Opposition. Dobritz ist SPD-Mitglied und war mehrere Jahre Vorsitzender des Haushaltsausschusses in der Bürgerschaft. Der Senat befinde sich im Spannungsfeld zwischen den Wahlversprechen, den Kostensteigerungen und der Notwendigkeit der Schuldenbremse. Dobritz sagt: "Der Senat ist dabei, eine Bruchlandung mit seinen Wahlgeschenken hinzulegen." Zudem hätte Hamburg den, wie er sagt, "teuren Tarifabschluss" für die Kommunalen Arbeitgeber verhindern können. Dies hätte womöglich Streik bedeutet, welchen der Senat habe vermeiden wollen. "Stattdessen geht der Senat den Weg des geringsten Widerstands", so Dobritz. Wenn die Sozialbehörde auf ihren Kürzungen beharren würde, müssten die Träger in den kommenden Jahren bis zu 50 Millionen Euro einsparen.

Die Sozialbehörde will sich wegen des laufenden Schiedsstellenverfahrens öffentlich nicht äußern. Behördenintern heißt es aber, dass noch nie so viel Geld für den Kita-Bereich ausgegeben worden sei. 2014 werden es 533 Millionen Euro sein, 193 Millionen Euro mehr als noch 2002. Es sei auch nicht einzusehen, warum geliefertes Essen bei Schulen akzeptabel sei, aber bei Kitas nicht. Für Joachim Speicher vom Paritätischen Wohlverband ist trotzdem eines sicher: "So bleibt uns kein Gestaltungsspielraum. Wir werden auf Einhaltung des Vertrags pochen."