Die Hansestadt muss Teile der Bürgschaft für die traditionsreiche Sietas Werft einlösen. Politik fordert bessere Kontrolle des Gremiums.

Neuenfelde. Wenn die Stadt bürgt, dann gibt die Bank Geld. Kann das Unternehmen allerdings nicht mehr die Kredite bedienen, dann muss Hamburg zahlen. Und das kommt nach Angaben des grünen Wirtschaftsexperten Anjes Tjarks häufig vor: "Seit 2000 hat die Kreditkommission für Zahlungen von rund 140 Millionen Euro gebürgt. Die Ausfallquote liegt bei rund 40 Prozent." Dabei beruft sich Tjarks auf eine Antwort des Senats auf eine Anfrage seiner Fraktion.

Das aktuelle Beispiel ist die Sietas Werft: Die Stadt rechnet damit, dass sie jetzt eine Bürgschaft aus dem Jahr 2009 - aus der Zeit der schwarz-grünen Landesregierung - von 17,4 Millionen Euro für Kredite bei der HSH Nordbank bedienen muss. Insgesamt hatte die Stadt mit 34 Millionen Euro gebürgt.

Die traditionsreiche Werft hatte im November 2011 Insolvenz angemeldet. Berthold Brinkmann will die Sietas Werft an die niederländische VeKa Group verkaufen. Der Bürgschaft für die Werft hatte die städtische Kreditkommission zugestimmt, in der unter anderem Wirtschafts- und Finanzbehörde vertreten sind. Die Grünen wollen das Verfahren zur "Gewährung von Bürgschaften jetzt kritisch unter die Lupe nehmen", so Tjarks. Die in der Wirtschaftsbehörde angesiedelte Kommission entscheidet seit 1964 über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und die Gewährung von Krediten. Doch wenn es nach den Grünen geht, soll das Landesparlament künftig Bürgschaften bewilligen, die höher als zehn Millionen Euro sind. Einen entsprechenden Antrag wollen die Grünen in die Bürgerschaft einbringen. Tjarks kritisiert: "Der Fall Sietas ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Bilanz der Kreditkommission ist insgesamt miserabel."

Für den Vorstoß der Grünen kommt Unterstützung von der CDU: "Wir halten diesen Vorschlag für sinnvoll. Denn aufgrund der angespannten Haushaltslage muss jede Bürgschaft der Stadt gründlich abgewogen werden", sagte Karin Prien, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU.

Auch die Regierungspartei sieht Handlungsbedarf: "Es kann nicht die Aufgabe einer Kreditkommission sein, für Unternehmen in offensichtlicher finanzieller Schieflage Bürgschaften zu übernehmen", sagte SPD-Wirtschaftsexperte Jan Balcke. Der Kreditkommission fehle eine klare strategische Ausrichtung. Das soll sich ändern: "Es muss geregelt werden, nach welchen Kriterien Bürgschaften vergeben werden. Klar ist, das darf nicht nach dem Gießkannenprinzip geschehen", so Balcke.

Nicht verantwortlich ist die Kreditkommission für die mit Abstand größte und wohl auch riskanteste Bürgschaft der Stadt, die die Bürgerschaft beschlossen hatte. Die Rede ist von der Garantie für die HSH Nordbank. Mit 3,5 Milliarden Euro bürgt die Stadt derzeit noch für Geschäfte ihrer einstigen Landesbank. Das kam so: 2009 hatten Hamburg und Schleswig-Holstein als größte Anteilseigner die schwer angeschlagene Bank mit drei Milliarden Euro frischem Kapital gerettet. Zusätzlich gewährten sie ihr eine Garantie über zehn Milliarden Euro. Damit wurden Risiken aus allen seinerzeit bestehenden Geschäften der Bank abgesichert - insgesamt ging es um eine Bilanzsumme von mehr als 200 Milliarden Euro. Da von diesen Geschäften "nur" noch etwa 90 Milliarden Euro übrig sind und die Bank sich etwas erholt hat, wurde die Garantie auf sieben Milliarden Euro gesenkt - je 3,5 Milliarden davon entfallen auf Hamburg und Schleswig-Holstein. Für diese Garantie zahlt die Bank jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Euro Gebühr an die Länder. Zum Vergleich: Hamburgs Jahresetat beträgt knapp zwölf Milliarden Euro.

Ob die HSH das Geld je in Anspruch nehmen wird, ist umstritten. Dagegen spricht: Die ersten 3,2 Milliarden Euro Verlust muss sie aus eigenen Mitteln auffangen, bevor es ans Geld der Länder geht. Davon ist sie aber weit entfernt, denn bislang sind erst 247 Millionen Euro Verlust aufgelaufen. Dafür spricht: In den 90 Milliarden stecken noch so viele Risiken, zum Beispiel Schiffskredite über 30 Milliarden Euro, dass es unrealistisch erscheint, dass davon nur 3,2 Milliarden ausfallen.