Nur 3600 Hamburger kamen bei der Hotline durch. Von 1000 zusätzlichen Mitarbeitern im Winterdienst ist nicht mehr die Rede.

Hamburg. Waren 1000 zusätzliche Mitarbeiter im Einsatz?

Nein, denn Reinhard Fiedler von der Stadtreinigung weist auf eine Feinheit in der Formulierung hin: "Beim Krisengipfel sind nicht etwa 1000 zusätzliche Mitarbeiter versprochen worden, sondern 1000 Mitarbeiter für den zusätzlichen Winterdienst."

Im Klartext: Die Stadtreinigung verfügt über 300 eigene Beschäftigte. Muss sie dem Winterdienst nachkommen, also die Hauptverkehrsstraßen eisfrei halten, bucht sie 700 Kräfte von einer Fremdfirma hinzu. "Das tun wir ab sofort täglich - auch wenn es nicht schneit, und unser Pflichtprogramm nicht erforderlich ist", sagt Fiedler.

Außerdem werden jetzt bis zu 300 Mitarbeiter von Hamburg Wasser und von den Friedhöfen mit jeweils eigenen Fahrzeugen bei der Räumung helfen.

Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Jan Balcke hat jetzt eine Kleine Anfrage gestellt: Er will vom Senat wissen, wo genau die 1000 Mitarbeiter für den zusätzlichen Winterdienst herkommen, und warum sie erst jetzt eingesetzt werden: "Das scheint mir eine Milchmädchenrechnung zu sein", so Balcke zum Abendblatt. Außerdem fragt er nach dem Zustand der Radwege.

"Der Schönwettersenat scheint mit der Übersicht über seinen Winterdienst auch seine guten Vorsätze für mehr Radverkehr verloren haben. Fahrradfahren ist offensichtlich für den Senat bei diesem Wetter nicht angebracht", so der SPD-Abgeordnete Balcke weiter.

Wie viele Hamburger haben bei der Hotline angerufen?

Bis 18 Uhr haben laut einer Erhebung der Stadtreinigung 18 900 Hamburger versucht, nicht geräumte Straßen und Gehwege zu melden. Doch die meisten Anrufer hörten ein Besetzt-Zeichen: Denn die 55 Mitarbeiter konnten gerade einmal etwa 3600 Telefonate annehmen. Mehr Personal würde wenig bringen: "Die Anlage kann technisch nicht mehr leisten", so Sprecher Andree Möller. Ein externes "Callcenter" sei schon hinzu gebucht worden. "Wir nehmen alle Hinweise in eine Liste auf, die wir schnellstmöglich abarbeiten", so Reinhard Fiedler. "Wir sind zu allem bereit, aber Wunder können wir nicht vollbringen." Kein Anrufer dürfe erwarten, dass "es schon zehn Minuten später in der Straße gelb blinke."

Wie wirkt sich das Wetter auf die Einsätze der Feuerwehr aus?

Seit zwei Wochen zählt die Feuerwehr täglich bis zu doppelt so viele Einsätze wie sonst - etwa 1000 bis 1200. "Wir haben so viel zu tun wie sonst nur in der Silvesternacht", so Sprecher Martin Schneider. Allein die Zahl der Einsätze, bei denen Passanten auf Bürgersteigen stürzen, liegt bei täglich 150 bis 170. Die Feuerwehr hat zusätzlich zu den fast 70 Rettungswagen-Besatzungen weitere 15 im Dienst, täglich sind 338 Retter im Einsatz. Einen der heftigsten Einsätze hatte die Feuerwehr am Wiesendamm in Winterhude: Dort stürzte ein älterer Herr auf dem vereisten Gehweg derart heftig, dass er sich einen offenen Schädelbruch zuzog. Der Mann kam ins UKE, schwebt in Lebensgefahr.

Wie lief der Autoverkehr ?

Die meisten Hauptstraßen sind im Gegensatz zu Nebenstraßen und Fußwegen frei von Eis und Schnee - was offensichtlich viele Hamburger zum Umsteigen bewegt: Von Bus und Bahn aufs eigene Auto. Die Folge: Staus im Berufsverkehr. Nach Auskunft der Verkehrsleitzentrale ging es vor allem am Dienstagmorgen in Teilen der Stadt nur sehr schleppend voran. Wer aus Richtung Niendorf in die City wollte, musste sich massiv gedulden. Vom Hadermannsweg bis zum Siemersplatz standen die Autos, auch im weiteren Verlauf ging es oft nur im Schritttempo voran. Auch in Eppendorf und Eimsbüttel lief der Verkehr schleppend. Neben dem hohen Verkehrsaufkommen war sicherlich die Baustelle an der Uni ein Grund für die Behinderungen. Auch die Zubringerstraßen aus östlicher Richtung waren am Dienstagmorgen flächendeckend verstopft.

Behindern Schnee und Eis den Bus- und Bahnbetrieb?

Die schlechten Straßenverhältnisse machen auch den Busfahrern zu schaffen. "Wir hatten Verspätungen von bis zu 45 Minuten", sagt Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum. Betroffen waren die Linien 5, 6, 34 und 109. Vor allem im Nordwesten der Stadt ging der Betrieb zeitweise nur schleppend voran. Bis zu einer Stunde mussten sich Fahrgäste der Pinneberger Verkehrsgesellschaft gedulden. Als "problematisch" bezeichnete Kreienbaum vor allem die Situation an den Bushaltestellen. Viele Haltestellen seien nur notdürftig geräumt. "Das ist zwar eigentlich Sache der Stadt", sagt Kreienbaum. "Die Busse rutschen quasi in die Haltestellen rein." Die Hochbahn aber habe zur Sicherheit ihrer Fahrgäste vor allem häufig genutzte Haltestellen vor Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen auf eigene Faust abgestreut.

Fällt die Müllabfuhr aus?

"Wir haben vereinzelt Probleme", sagt Andree Möller, Sprecher der Stadtreinigung. Dabei seien weniger die vereisten Straßen, sondern viel mehr unbegehbare Standorte das Problem. "Es gibt Orte, an die wir derzeit einfach nicht rankommen", so Möller. Auch seien Tonnen zum Teil in vereisten Schneebergen regelrecht "gefangen". Beschwerden gab es diesbezüglich jedoch noch nicht. "Die Leute reagieren gelassen."