CDU kritisiert Ablösung des Polizeipräsidenten. Drei Christdemokraten mussten gehen. Es gibt auch Gegenbeispiele

Hamburg. Es soll ein Abschied in Würde werden. Das haben die beiden Männer, die häufig unterschiedlicher Meinung waren, so vereinbart. Wohl auch deswegen lesen sich die Sätze, die Innensenator Michael Neumann (SPD) über Polizeipräsident Werner Jantosch zu dessen bevorstehender Versetzung in den einstweiligen Ruhestand schreibt, geradezu überschwänglich: "Werner Jantosch hat die Polizei Hamburg seit 2004 als Präsident wesentlich geprägt und erfolgreich geführt. Für sein Engagement, seine Arbeit und sein Herzblut danke ich ihm persönlich."

Neumann bestätigt damit den Bericht des Abendblatts, nach dem der parteilose Jantosch Mitte Januar abgelöst und durch den Bezirksamtsleiter Nord, Wolfgang Kopitzsch (SPD), 62, ersetzt werden soll. Und Neumann benennt, ungewöhnlich genug, einen zentralen Grund für die Ablösung von Jantosch: Weil die Polizei bürgernäher werden soll, müssten Strukturen des Apparats, die von Jantosch entwickelt wurden, überprüft und vermutlich verändert werden. "Das ist dem Polizeipräsidenten nicht zuzumuten", so Neumann. Entlassung als Akt der Fürsorge, gewissermaßen.

Kaum war die Top-Personalie bekannt, begann die Diskussion darüber, was der wahre Grund für die Abberufung des Präsidenten sei. Schon zu Oppositionszeiten hatte die SPD, nicht zuletzt auch Neumann selbst, Jantosch wegen seiner Amtsführung attackiert. "Zu zentralistisch, zu autoritär", lautete der Vorwurf. Speerspitze der polizeiinternen Kritik am Präsidenten, die es auch gab, war die SPD-nahe Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Für die CDU-Opposition war der Fall wegen dieses Hintergrundes sofort klar. "Die SPD setzt ihre Linie der Ablösung von Beamten, die nicht das sozialdemokratische Parteibuch haben, rücksichtslos fort", sagte der CDU-Innenexperte Kai Voet van Vormizeele. Er spricht von "Bereinigung" der Verwaltung. Auch wenn der Christdemokrat es nicht ausdrücklich sagt: Gemeint ist die Rückkehr des "roten Filzes".

Tatsächlich fällt die personalpolitische Bilanz des SPD-Senats neun Monate nach dem Regierungswechsel gemischt aus. In drei Fällen mussten Christdemokraten ihre Spitzenposten in der Verwaltung bislang räumen: Den größten Wirbel verursachte die Abwahl von Torsten Meinberg als Harburger Bezirksamtsleiter Ende November. Der Christdemokrat musste dem Sozialdemokraten und Ex-Bürgerschaftsabgeordneten Thomas Völsch weichen.

Im August bereits hatte Arbeitssenator Detlef Scheele (SPD) sich nach einem Streit über Ein-Euro-Jobs auf ziemlich ruppige Art von Thomas Bösenberg getrennt, dem Geschäftsführer des Jobcenters team.arbeit.hamburg. Bösenberg gehört der CDU Uhlenhorst an. Sein Nachfolger Friedhelm Siepe, der aus Lübeck kommt, ist aber kein Hamburger SPD-Gewächs.

Bereits im Juni verlor Cornelia Schroeder-Piller (CDU) ihren Posten als Bezirksamtsleiterin in Wandsbek. SPD und GAL wählten Thomas Ritzenhoff (SPD) zu ihrem Nachfolger. Allerdings: Schroeder-Piller war in ihrer Amtsführung durchaus umstritten, sodass der große Aufschrei hier ausblieb.

Auf der anderen Seite stehen drei Personalien zu Buch, die die SPD und Bürgermeister Olaf Scholz anders entschieden hätten, wenn sie denn wirklich parteipolitisch "durchregieren" wollten. Mit dem Christdemokraten Nikolas Hill beließ Scholz einen Kulturstaatsrat der CDU-Administration im Amt. Auch Michael Voges blieb Staatsrat in der Schulbehörde, aber er hat ein SPD-Parteibuch. Trotzdem hatte ihn der damalige Bürgermeister Ole von Beust berufen. Es ist üblich, nach einem Regierungswechsel die Staatsräte auszuwechseln. Von Beust hatte 2001 jedoch mehrere SPD-Staatsräte im Amt belassen und mit Klaus Meister (Soziales) einen SPD-Mann neu berufen.

Zweitens hielt Scholz den Christdemokraten Thorsten Kausch als Geschäftsführer der Hamburg Marketing GmbH im Amt, obwohl deren Projekt "Hamburg WG" kräftig floppte. Schließlich berief der SPD-Senat im August eine GAL-Politikerin auf einen zwar kaum öffentlich sichtbaren, aber eminent wichtigen Posten. Petra Bödeker-Schoemann ist seit August Geschäftsführerin der städtischen Beteiligungsgesellschaft HGV - auch nicht gerade ein Fall von "rotem Filz".

Nun muss der parteilose Jantosch gehen und SPD-Mann Kopitzsch wird sein Nachfolger. Nach Informationen des Abendblatts war der Bezirksamtsleiter der Wunschkandidat von Bürgermeister Scholz, nicht hingegen die erste Wahl von Neumann. Kopitzsch wird zugetraut, die Polizei nach außen gut zu repräsentieren. Als langjähriger Lehrer und späterer Leiter der Landespolizeischule kennt Kopitzsch die meisten Polizeiführer persönlich. Er ist aber kein Polizist, und insofern kann er nach innen nicht aufgrund seines Vorbilds führen, hat keine Einsatzerfahrung und muss sich in die fachlichen Themen des Polizeivollzugs erst einarbeiten. Andererseits wird Kopitzsch die Vorgaben aus dem Arbeitsprogramm des SPD-Senats bereitwillig und loyal umsetzen. Kaum zufällig wies der Innensenator gestern auf dieses Erfordernis hin.

Es mag gute Gründe dafür geben, dass sich Neumann von Jantosch trennt. Kopitzsch als Nachfolger zu küren ist aber - bei aller Kompetenz und Eignung - in starkem Maße auch eine Entscheidung mit Blick auf die Partei.