Anjes Tjarks, hafenpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, wirft dem Senat vor, die Kosten für die Elbvertiefung zu verschleiern.

Hamburg. Im früheren schwarz-grünen Senat war die Zustimmung zur Elbvertiefung für die Hamburger GAL eine der Kröten, die sie für eine Regierungsbeteiligung schlucken musste. Nun auf der Oppositionsbank stichelt die grüne Bürgerschaftsfraktion umso deutlicher und hat sich in ihrer Kritik an dem Projekt einen Punkt vorgenommen, der den aktuellen SPD-Senat tatsächlich noch in Erklärungsnot bringen könnte: Nicht 385 Millionen Euro werde das umstrittene Projekt kosten, sondern die Vertiefung werde die 500-Millionen-Grenze wohl überschreiten", sagte gestern Anjes Tjarks, hafenpolitischer Sprecher der GAL. Doch statt tatsächliche Kostensteigerungen zu nennen, gebe es vom aktuellen SPD-Senats nur "schwammige Antworten".

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Tatsächlich ist die Wirtschaftsbehörde bei Nachfragen zu den Kosten weniger auskunftsfreudig und beruft sich lieber auf frühere Senatsantworten: In einer Drucksache mit der Nummer 20/872 wird dann auf die Drucksache 19/5248 verwiesen. Danach seien Gesamtkosten von rund 385 Millionen Euro veranschlagt, gut 137 Millionen davon müsse die Hansestadt tragen und wolle das aus der sogenannten HHLA-Milliarde finanzieren, die der Teilverkauf des städtischen Umschlagsunternehmen gebracht hatte. "Erkenntnisse über konkrete Steigerungen" für Hamburg lägen aber nicht vor, heißt es in den Drucksachen, die von der Behörde auf Nachfragen verschickt werden. Doch der GAL-Politiker Tjarks meldet da Zweifel an und rechnet zusätzliche Projekte hinzu, die im Zusammenhang mit der Elbvertiefung stehen: so zum Beispiel 73 Millionen Euro für neue Sicherungsbuhnen an der Elbmündung im Altenbrucher Bogen. Diese Dämme sollen dort die Deiche vor anrollenden Sturmfluten schützen und sind zwar kein Bestandteil der Fahrrinnenvertiefung - doch die Deichsicherheit just in diesem Abschnitt war stets eine der Hauptforderungen Niedersachsens, dessen notwendige Zustimmung zur Vertiefung immer noch aussteht.

Befürchtungen gibt es in Hamburgs Nachbarland aber auch, dass sich durch die Vertiefung die Brackwasserzone, also der Wechsel zwischen Salz- und Süßwasser-Elbe, weiter flussaufwärts verschieben könnte. Das würde niedersächsische Obstbauern vor arge Nöte stellen, weil sie Elbwasser zu Beregnung benötigen. Aber auch das Stader Werk des Chemiekonzerns DOW hätte Probleme mit mehr Salz im Wasser und hat Bedenken angemeldet.

GAL-Politiker Tjarks zitiert nun aus einem Bericht der "Deutschen Verkehrszeitung", wonach Schutzmaßnahmen gegen salziges Wasser zwischen 25 und 150 Millionen Euro kosten könnten. Eine Summe, die aus seiner Sicht ebenfalls zu den Vertiefungskosten gerechnet werden müsse. Ebenso wie von Hamburg bereits zusätzlich versprochene Ausgleichsmaßnahmen wie etwa eine neue Elbebucht bei Kreetsand an der Norderelbe, die auch noch einmal 36 Millionen Euro kosten würde. Tjarks: "Wir lehnen die Elbvertiefung aus ökologischen Gründen ab - und mit Kosten von mehr als 500 Millionen Euro dürfte der volkswirtschaftliche Nutzen immer fraglicher werden."

Anders argumentiert die Hamburger Wirtschaftsbehörde, die sich auf Gutachten aus Jahr 2004 stützt. Danach soll die bereits seit Jahren geplante Vertiefung einen volkswirtschaftlichen Nutzen zwischen 886 und 2891,6 Millionen Euro bringen und sei zur weiteren Entwicklung des Hafens notwendig. Auch die Hafenwirtschaft mahnt regelmäßig eine "Fahrrinnen-Anpassung" an. So würden weltweit immer mehr Groß-Containerschiffe hinzukommen, die für eine sichere Fahrt auf der Unterelbe eine tiefere Fahrrinne benötigten. Zurzeit warten die Planer allerdings noch auf eine Stellungnahme der EU-Kommission, die kürzlich überraschend zusätzliche Fragen zur möglichen Verschiebung der Salzwassergrenze gestellt hatte. Diese Fragen seien inzwischen beantwortet und schriftlich übermittelt worden, sagte gestern eine Sprecherin der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord.

Mit der Stellungsnahme werde daher nun "in Kürze" gerechnet. Die Planungsbehörden rechnen daher weiter damit, dass Anfang 2012 mit den Baggerarbeiten begonnen werden könne. Fraglich bleibt jedoch, wie lange die Arbeiten dauern werden. Denn längst haben die Umweltverbände Klagen vor dem Verwaltungsgericht angekündigt, das auch einen vorläufigen Baustopp anordnen könnte.