Der SPD-Senat will den Plan der schwarz-grünen Koalition umsetzen: Abgabe für Leitungen soll der Stadt jährlich drei bis fünf Millionen Euro bringen.

Hamburg. Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang in der Hamburger Politik: Der SPD-Senat will einen Antrag verabschieden, den der schwarz-grüne Senat vorbereitet hat, wegen des Koalitionsbruchs aber nicht mehr beschließen konnte. Wie das Abendblatt aus der Senatskanzlei erfuhr, wird die SPD eine "Sondernutzungsgebühr" für die Fernwärmeleitungen in der Stadt einführen. Das bringt nach ersten Schätzungen Einnahmen von drei bis fünf Millionen Euro pro Jahr. Wenn sich die Energieversorger Vattenfall und E.on entscheiden, diese Gebühr weiterzugeben, droht den Verbrauchern eine Erhöhung der Preise .

Die zuständige Behörde für Wirtschaft und Verkehr bestätigte auf Abendblatt-Anfrage, dass eine solche Drucksache derzeit vorbereitet wird. Zum Inhalt und zu konkreten Zahlen wollte sich Behördensprecherin Susanne Meinecke wegen der laufenden Verhandlungen noch nicht äußern. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) sagte: "Ich befinde mich gerade in Gesprächen mit den Energieversorgern."

+++ Baut Vattenfall ein Gaskraftwerk in Hamburg? +++

Grundsätzlich hält der SPD-Senat eine solche Sondernutzungsgebühr aber für "mehr als angemessen". Jeder Strom- und Gaslieferant zahlt bereits eine Konzessionsabgabe für die Wegenutzung, also eine Gebühr für die Leitungen, die über oder durch öffentlichen Grund laufen. Bei Abschluss des Konzessionsvertrags im Jahr 1994 hatte der Senat bewusst auf die Erhebung einer Konzessionsabgabe für die Fernwärme verzichtet, um diese Art des Energietransports in Hamburg zu unterstützen. Diese politische Entscheidung hatte bis zum Jahr 2008 Bestand. Dann arbeitete die damalige grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk an einer Verordnung, die die Sondernutzungsgebühr von den Fernwärmelieferanten forderte. Durch den Bruch der Koalition trat diese Verordnung nicht mehr in Kraft.

Noch in diesem Jahr will der SPD-Senat diese Verordnung nun verabschieden. Voraussichtlich zum 1. Januar tritt sie dann in Kraft.

Die genauen Zahlen sind zwar noch nicht bekannt. Wie das Abendblatt erfuhr, will sich der SPD-Senat aber auch diesbezüglich am schwarz-grünen Entwurf orientieren. Damals war über eine Gebühr von fünf Euro pro Haushalt nachgedacht worden, wenn die Fernwärme aus CO2-intensiven Energien hervorgeht, wie etwa bei der Steinkohle. Beziehen Kunden die Fernwärme aus Gas, sollte die Hälfte pro Haushalt gerechnet werden. In Hamburg gibt es zurzeit rund 500 000 Fernwärmekunden. Hamburgs Haupt-Fernwärmelieferant Vattenfall wollte bisher nicht Stellung nehmen. "Wir werden uns erst dann äußern, wenn klar ist, wie genau die Verordnung ausgestaltet ist und wenn wir die Fakten bewertet haben", sagte Vattenfall-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow.

Bereits im Sommer hatte es Streit um Fernwärmegebühren gegeben. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" warf dem Konzern vor, die Stadt um Millionen geprellt zu haben. Zur Diskussion standen die Gewinne, die Vattenfall mit der Fernwärme tatsächlich erwirtschaftet. Sowohl Vattenfall als auch die damals zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hatten die Vorwürfe bestritten.

Der umweltpolitische Sprecher der Hamburger Grünen, Jens Kerstan, begrüßte die Entscheidung des Senats. "Vattenfall hat die Stadt schon seit Jahren um Einnahmen in Millionenhöhe geprellt. Deshalb hat die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk eine Konzessionsabgabe für Fernwärme auf den Weg gebracht", sagte Kerstan. In den Gesprächen mit Vattenfall werde Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) festgestellt haben, dass man gegenüber Vattenfall "andere Seiten aufziehen müsse. "Vielleicht besteht doch noch Hoffnung, dass der Bürgermeister auch beim Thema Netzrückkauf dazulernt", so Kerstan.

Die umweltpolitische Sprecherin der CDU, Birgit Stöver, sagte: "Wir begrüßen es immer, wenn der Senat Dinge übernimmt, die wir zu unserer Regierungszeit angestoßen haben." Trotzdem sei sie verwundert über den Zeitpunkt des Antrags, da die SPD ein Energiekonzept zum Ende des Jahres angekündigt habe. "Jetzt wird Flickwerk betrieben, weil bereits in der vergangenen Woche über ein Gaskraftwerk statt einer Fernwärmetrasse aus Moorburg spekuliert wurde. Jetzt auch noch eine Wegenutzungsgebühr einzuführen gehört unserer Meinung nach in das Energiekonzept", so Stöver.

Das Hamburger Fernwärmenetz ist zurzeit rund 1200 Kilometer lang, 800 Kilometer davon sind im Besitz von Vattenfall. Der Konzern liefert 80 Prozent der Hamburger Fernwärme. Der CO2-Ausstoß von etwa einer Million Tonnen pro Jahr entspricht sieben Prozent der Gesamtemissionen.