Aus für die Konzertsaal-Pläne. Edeka hat sich mit der Finanzbehörde über die Nutzung geeinigt und die Halle umbauen. Erste Reaktionen sind positiv.

St. Pauli. Am Ende kam die Einladung so überraschend, dass die Architekten des neuen Hauptmieters nicht einmal mehr Zeit für eine der sonst so farbenfrohen Illustrationen für solche Anlässe hatten. Am Freitag informierten Finanzbehörde und Bezirksamt Mitte überraschend Anwohnerbeiräte und Kommunalpolitiker über ihre neuen Pläne zur Alten Rindermarkthalle auf St. Pauli . Das zuletzt von einem Real-Markt genutzte Gebäude steht seit rund 15 Monaten leer.

Noch länger schon gibt es heftige Auseinandersetzungen über die künftige Nutzung. Initiativen forderten mehr Mitsprache, Pläne für eine Konzerthalle (Music Hall) stießen auf Protest, und Bürger plädierten stattdessen für Lebensmittelgeschäfte - diesem Wunsch sind die Behörden nun offenbar entgegengekommen. Wie die Finanzbehörde mitteilte, wird die Edeka Handelsgesellschaft Nord GmbH dort jetzt Hauptmieter und die Halle umbauen. Herzstück werde eine etwa 4000 Quadratmeter große Markthalle mit "Wochenmarkt-Atmosphäre".

Mietverträge mit Beschickern seien zwar noch nicht unterzeichnet, das Angebot werde aber zum Stadtteil passen, heißt es bei Edeka. Weiter sollen ein Edeka-Markt mit knapp 6000 Quadratmeter Verkaufsfläche, ein Aldi-Discounter sowie ein Budnikowsky-Drogeriemarkt einziehen. Im ersten Obergeschoss solle es zudem Platz für Stadtteil-Initiativen geben. Das Gebäude selbst soll sich außen nicht wesentlich verändern. Lediglich die Metallverkleidung werde demontiert, Abrisse oder große Anbauten seien nicht geplant, sagte ein Sprecher des Bezirksamts Mitte.

Offiziell wird die neue Nutzung der Rindermarkthalle als "Zwischennutzung" dargestellt. Allerdings konnten die Investoren eine zehnjährige Laufzeit aushandeln, während nach Abendblatt-Informationen die Behörden ursprünglich lediglich eine Mietlaufzeit von fünf Jahren angestrebt hatten.

Als selbstständiger Betreiber ist der Finanzbehörde zufolge die Familie Holst vorgesehen, die seit 1971 einen Edeka-Markt auf St. Pauli an der Paul-Roosen-Straße betreibt. Eine in der Halle befindliche Moschee sowie eine Arztpraxis sollen dort bleiben können.

Markus Schreiber (SPD), Leiter des Bezirksamts Mitte, zeigte sich am Freitag überzeugt von dem neuen Konzept. Es sei gelungen, mit der Generalanmietung des Gebäudes durch Edeka dem Stadtteil St. Pauli und seinen Bewohnern die gewünschte Nahversorgung zu bieten. "Die Neugestaltung passt hervorragend in den Stadtteil und wird das Areal nicht nur optisch erheblich aufwerten", sagte Schreiber.

Verhaltenes Lob kommt auch von der GAL. "Mit diesem guten Konzept und dem zehnjährigen Mietvertrag gehe ich davon aus, dass das hier eine Dauerlösung wird", sagt der Grüne Michael Osterburg. Zwar sei die neue Nutzung nun wieder nur intern verhandelt worden, doch mit der frühzeitigen Information von Beiräten und Kommunalpolitikern sei man diesmal auf gutem Wege, so der GAL-Politiker.

Bei der örtlichen Initiative Die leute:real, die Teil der Hamburger Recht-auf-Stadt-Bewegung ist, bleibt dennoch Skepsis. Das Konzept mit Supermärkten und Markthalle entspreche zwar den Forderungen der Anwohner, dennoch sei hier wieder nur hinter verschlossenen Türen verhandelt worden, statt Bürger zu beteiligen.

Um die 1951 gebaute Halle gibt es seit gut zwei Jahren im Stadtteil heftige Auseinandersetzungen. Anfang 2009 überraschte der Bezirk Mitte viele Anwohner mit der Idee, die Halle abzureißen und dort eine St. Pauli Music Hall mit rund 4000 Plätzen zu bauen. Eine solche mittelgroße Konzerthalle fehle in Hamburg, so die Begründung. Doch schon im März desselben Jahres wurde eine Info-Veranstaltung zur Music Hall durch sogenannte Stadtteilaktivisten regelrecht gesprengt. Im Vordergrund stehe nicht eine Musikhalle, sondern eine Markthalle, beeilte sich Bezirksamtsleiter Schreiber zu versichern.

Ende letzten Jahres verabschiedete sich der Bezirk dann offensichtlich endgültig von den Music-Hall-Ideen, nachdem der Protest vor Ort nicht mehr verstummte. Vor allem nachdem der Bezirk ein umfangreiches Beteiligungsverfahren in Gang setzte, gleichzeitig aber mit einer Machbarkeitsstudie relativ konkrete Vorgaben machte.

Im Mai dieses Jahres verkündeten die Behörden dann, dass man mit verschiedenen Bewerbern über die Nutzung der alten Rindermarkthalle verhandele. Nach Abschluss der Verhandlungen soll die Öffentlichkeit informiert werden, hieß es da. Das ist tatsächlich so schnell geschehen, dass die ersten Architekten-Zeichnungen für die Markthalle erst in den kommenden Tagen nachgereicht werden können.