Der Hamburger Senat und die Stadtreinigung starten ein Pilotprojekt in Kirchdorf-Süd. Weitere Großsiedlungen sollen darauf folgen.

Hamburg. Hamburg soll sauberer werden. Gestern starteten Umweltsenatorin Jutta Blankau und die Stadtreinigung in der Großsiedlung Kirchdorf-Süd, wo 6000 Menschen wohnen, ein halbjähriges Pilotprojekt, intern "Saubere Stadt" genannt. Ist das erfolgreich, will der Senat es auch in anderen Problemvierteln anwenden. Die Idee: Die Stadtreinigung übernimmt alle Reinigungsverpflichtungen für sämtliche Straßen, Gehwege, Plätze und Grünanlagen. So soll die Vermüllung von Quartieren beendet werden.

Der Senat hatte das in seinem Arbeitsprogramm zugesagt. Dazu der Geschäftsführer der Hamburger Stadtreinigung (HSR) Rüdiger Siechau: "Bislang sind beispielsweise Grundeigentümer für die Reinigung von Gehwegen oder Grünanlagen verantwortlich oder Wohnungsbaugenossenschaften. Viele davon haben private Unternehmen mit der Reinigung beauftragt. Das funktioniert nicht immer einwandfrei. Wir wollen nun zeigen, dass es besser geht."

Ralph Lindenau, Präsident des St. Pauli Bürgervereins, lobt die Initiative südlich der Elbe. "Das ist eine wirklich gute Idee. Und neben Großwohnsiedlungen wie Kirchdorf-Süd wäre St. Pauli einer der Stadtteile, der ein solches Projekt dringend gebrauchen könnte." Denn gerade auf dem Kiez gebe es immer wieder das Problem, dass zu viel Müll herum liege. Und das nicht nur auf der Reeperbahn. "Uns ist natürlich klar, dass auf St. Pauli bereits mehr gemacht wird als in anderen Stadtteilen." Dennoch sei die Idee, die Reinigung in eine Hand zu geben, gut. "Fraglich bleibt nur, wie man das auf Dauer finanziert", so Lindenau.

Auch Quartiersentwicklerin Rixa Gohde-Ahrens, zuständig für die Großsiedlungen Steilshoop und Essener Straße, begrüßt die Idee. "Gerade in solchen Quartieren sind manche Ecken ungepflegt, weil keiner weiß, wer wo genau zuständig ist", sagt sie. "Deshalb wurde in Steilshoop bereits das Projekt Housing Improvement District ins Leben gerufen, das sich um die Außenflächen kümmern will." Sie freue sich deshalb, wenn man sich in einem weiteren Schritt der anderen Großsiedlungen annehme. "Denn das Thema Sauberkeit und Pflege steht dort immer wieder auf der Tagesordnung." Christoph Ploß, Fraktionsvize der CDU-Bezirksfraktion Hamburg-Nord, ergänzt: "Sinnvoll wäre es, das Projekt auch in citynahen Grünanlagen zu testen, zum Beispiel der Alster und dem Stadtpark - denn dort scheint der Senat leider die notwendige Pflege zu vergessen."

Die Anfang der 1970er-Jahre von Saga/GWG, Bauverein Reiherstieg, Bauverein der Elbgemeinden, der Hamburger Lehrer-Baugenossenschaft und der Baugenossenschaft Finkenwärder-Hoffnung geschaffene Großsiedlung Kirchdorf-Süd zählt nach wie vor zu den problematischen Quartieren. Hier fliegt schon mal eine volle Mülltüte vom Balkon der Hochhausetagen. Der eine oder andere Bewohner erspart sich halt den Weg zur Mülltonne, sagt Jörg Fritsch, Gruppenleiter bei der Stadtreinigung. Andere lassen ihren Müll an Straßen- und Gehwegen, Böschungen oder Gräben liegen. Leere Getränkeflaschen schwimmen neben versenkten Einkaufswagen auf dem Wasser.

Umweltsenatorin Jutta Blankau will mit der Aktion "Saubere Stadt" einen Anstoß zu mehr Bürgerengagement geben, hofft auf die umgekehrten Effekte der sogenannten Broken-Windows-Theorie. Die stammt aus den USA und besagt, dass überall dort, wo es beispielsweise eingeworfene Fenster gibt, weitere Scheiben eingeschlagen werden. Umgekehrt gilt: Wird die defekte Scheibe umgehend ersetzt, geht auch die Zahl neuer Zerstörungen zurück. Die am Projekt "Saubere Stadt" Beteiligten hoffen, durch konsequentes Aufräumen Anwohner abzuhalten, ihren Müll einfach in die Landschaft zu kippen, und andere zu animieren, bei der Reinigung zu helfen.

Das Projekt in Kirchdorf-Süd umfasst das gesamte Siedlungsgebiet, einschließlich der Parkanlage "Grünes Zentrum Kirchdorf". Vier Mitarbeiter der Stadtreinigung kümmern sich um das gut 400 000 Quadratmeter große Viertel.

Das Halbjahresprojekt kostet 100 000 Euro. "Unser Ziel ist es, ab kommendem Jahr auch in anderen Großsiedlungen, etwa in Bergedorf-West oder Osdorfer Born, ähnliche Aktionen zu beginnen. Es lebt sich ganz einfach schöner in einer sauberen Stadt", sagt HSR-Chef Siechau.