Die Sanierung des S-Bahnhofs in Poppenbüttel verzögert sich erneut. Fußgängerbrücke und Fahrstühle werden erst Ende 2012 fertig.

Hamburg. Der Maulwurf soll witzig aussehen, doch viele der täglich 15.000 Passanten hier fluchen leise, wenn sie vor dem Comic-Tier auf dem Schild am Bauzaun stehen. "Zurzeit" laufen Modernisierungsarbeiten, steht auf dem Schild, womit sich die Deutsche Bahn für "nicht auszuschließende" Lärmbelästigungen entschuldigt. Doch von Baulärm fühlen sich die Fahrgäste an der S-Bahn-Station Poppenbüttel nicht gestört. Im Gegenteil, sie ärgern sich darüber, dass hier außer Stillstand und Planungspannen nichts passiert. Und das seit Jahren.

Als "Wahnsinn Poppenbüttel" bezeichnet SPD-Fraktionschef Andreas Dressel das Chaos, das noch länger anhalten wird als bisher bekannt. Die Bauarbeiten für die Fußgängerbrücke, die seit 2009 ruhen, haben nicht - wie noch vom CDU-Senat versprochen - im Juni begonnen, sondern starten erst im kommenden Frühjahr. "Planungsanpassungen", teilte der Senat dem CDU-Abgeordneten Dennis Thering auf Anfrage mit. Vor Ende des Jahres 2012 wird die fünf Millionen Euro teure Brücke nicht fertig sein. Früher hieß es, die Sanierung des Bahnhofes sei in diesem Herbst abgeschlossen.

"Wir glauben nicht mehr daran, dass hier irgendwas passiert", sagt ein Passant. Wie ein Stummel ragt die alte Bahnbrücke ins Leere, gegenüber, bei den Bushaltestellen, wo die Glasdächer des neuen ZOB glänzen, stehen einige Treppenstufen. Der Rumpf wurde mit Holz verkleidet, vielleicht um ihn besser zu verstecken. Viele Fahrgäste verpassen ihren Bus, nicht jeder kann die provisorischen Abgänge hinuntersprinten, die auf Umwegen - wahlweise vorbei an Läden oder der Polizeistation - zu den Haltestellen führen. Wer schlecht zu Fuß ist oder einen Kinderwagen schiebt, hat es ohnehin schwer: Zwar führt eine Rolltreppe von den Gleisen hinauf, aber bis heute fehlt ein Fahrstuhl. In die Pannenserie reiht sich ein, dass die Baubehörde vergangenes Jahr die achtjährigen Planungen für ein Parkhaus stoppte, das für 500 Stellflächen 17,9 Millionen Euro kosten sollte. Spötter sprachen von der "Poppenbüttler Park-Philharmonie".

"Mein Arzt sagt immer, ich soll mich viel bewegen", sagt Brigitte Ratzow, 65, die ihre Tochter in Barmbek besuchen will und sich langsam zum Bahnsteig hinuntertastet. So viel Humor will Ille Gruhn, Vorsitzende des Bürgervereines Poppenbüttel, nicht mehr aufbringen: "Der Bahnhof ist eine Posse und bereits seit Jahren eine Zumutung", sagt sie. "Alte Leute und Behinderte haben überhaupt keine Möglichkeit, mit der S-Bahn zu fahren." Gerade um das angrenzende Alstertaler Einkaufszentrum (AEZ) befinden sich aber viele Seniorenresidenzen.

Noch im Wahlkampf hatte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel - er erhält sein Mandat aus den Walddörfern - angekündigt, die Arbeiten voranzutreiben. Doch auch in der Alleinregierung haben es die Sozialdemokraten bisher nicht geschafft, das Projekt zu beschleunigen. Im Gegenteil. "Die SPD ist am Drücker", sagt Dennis Thering (CDU). Gerne erinnert er daran, wie vollmundig man damals der CDU die Schuld für das Chaos am Bahnhof gegeben habe. Nach Abendblatt-Informationen hat sich Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhoff kürzlich vor Ort ein Bild von der Lage gemacht.

"Die Ungeduld kann ich voll verstehen", sagte Dressel, der auch stellvertretender SPD-Landeschef ist. "Jede Woche" hänge er am Telefon, um mit Verantwortlichen bei der Bahn, der Behörde, den Menschen vor Ort zu sprechen. Seiner Ansicht nach ist das Projekt deshalb festgefahren, weil die Planungen für das Parkhaus, die Fußgängerbrücke und die Aufzüge zu fest miteinander verbunden waren. Nun müssten die Pläne "herausgelöst" und einzeln erstellt, Aufträge neu ausgeschrieben werden. "Dazu laufen zwischen Bahn und Behörde abschließende Gespräche", sagte Dressel. Zum Thema Parkhaus heißt es in der Wirtschaftsbehörde lediglich: "Es wird nach Alternativen gesucht." Derzeit könnten aber noch "keine konkreten Lösungen" genannt werden. Nun sollen Gespräche mit Anwohnern geführt worden sein, um zu sondieren, ob Grundstücke als Parkplätze genutzt werden könnten. Die Idee: Solange keine Entscheidung über ein Parkhaus gefällt wurde, könnten die Parkplätze am Wenzelplatz und am Tennigkeitsweg vergrößert werden.

Dass mehr Stellplätze benötigt werden, ist den Behörden nicht neu. Bereits in einer Kleinen Anfrage aus dem Jahr 2004 ist von "voll ausgelasteten" Parkplätzen die Rede.

Wie die Bahn nun der SPD mitteilte, soll ab September zwar der Bahnsteig saniert werden - mit dem Einbau der Aufzüge könne aber erst begonnen werden, wenn die Fußgängerbrücke fertig sei. Schließlich müsse der Lift direkt auf die Brücke führen. Auch die Lieferanten des Kiosks am Bahnsteig dürften darauf warten: Bisher schleppen sie Getränke die Treppen runter.

Als der SPD-Politiker Andreas Dressel noch in der Opposition war, schätzte er die Lage optimistischer ein: Er machte den Vorschlag, zunächst eine Behelfsbrücke zu bauen. "Drei Monate werden dafür ja wohl reichen", sagte er zur CDU. Seit seine Partei regiert, klingt das anders. "Fahrgäste müssen über mögliche Verzögerungen unverzüglich informiert werden", sagte Dressel. "Die Menschen müssen das Gefühl haben, dass der Wahnsinn Poppenbüttel irgendwann ein Ende hat."