Die Vorwürfe sind unter anderem Urkundenfälschung in mehreren Fällen, Nötigung und Körperverletzung. Ein Termin steht noch nicht fest.

Hamburg. Der ehemalige Sprecher der Hamburger SPD, Bülent Ciftlik, muss sich wieder vor Gericht verantworten. Das Hamburger Landgericht hat das Hauptverfahren gegen den ehemaligen Politiker bereits am 7. Juli eröffnet, sagte Gerichtssprecher Conrad Müller-Horn am Mittwoch. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 39-Jährigen unter anderem Urkundenfälschung in mehreren Fällen, Nötigung und Körperverletzung vor. Der Anklagepunkt der Verleumdung wurde nicht zur Verhandlung zugelassen. Ein Termin für den Prozess steht noch nicht fest. Ob die Verhandlung mit dem Berufungsprozess um die Vermittlung einer Scheinehe zusammengelegt wird, war ebenfalls noch nicht klar. Ciftlik war vorige Woche erst unter Auflagen nach dreieinhalb Monaten aus der Untersuchungshaft entlassen worden. (dpa)

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Bülent Ciftlik aus dem Gefängnis entlassen

Bülent Ciftlik ist - zunächst - ein freier Mann. Um 14.10 Uhr verließ der ehemalige Bürgerschaftsabgeordnete und SPD-Sprecher das Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis, in dem er die zurückliegenden drei Monate verbracht hatte. In seinem Gepäck: ein kleines Fernsehgerät der Marke LG und drei blaue Müllsäcke mit Kleidungsstücken. Möglich gemacht hat den Umzug die zögerliche Bearbeitung des Falls durch das zuständige Gericht. Die in Haftsachen anzusetzende Bearbeitungszeit von drei Monaten zwischen Eingang der Anklage und der Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens ist seit einer Woche überschritten. Das Oberlandesgericht gab einer Haftbeschwerde Ciftliks statt.

Der war seit dem 15. März in Untersuchungshaft. Angeklagt ist er wegen Urkundenfälschung in 56 Fällen, Anstiftung zur Urkundenfälschung, Nötigung, Körperverletzung und Anstiftung zur Falschaussage. Hintergrund: Der Ex-Politiker soll in seinem Wahlkampfbüro Helfer angewiesen haben, Briefwahlanträge türkischstämmiger Deutscher zu fälschen. Der wegen des jüngst abgeschlossenen Verfahrens wegen Stiftung einer Scheinehe aus der SPD ausgeschlossene Ciftlik hatte wegen vermuteter Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft gesessen. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts ist diese Gefahr auch durchaus weiter gegeben. Lediglich wegen der langen Bearbeitungszeit werde dem Antrag "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit" stattgegeben, heißt es in einer Erklärung des Oberlandesgerichts. "Weder ein besonderer Umfang noch eine besondere Schwierigkeit der Sache" könne die Verzögerung bei der Bearbeitung rechtfertigen.

Die Anwälte des Ex-Parteisprechers hinterlegten 5000 Euro als Kaution. Ciftlik erhielt Meldeauflagen und die Anweisung, keine Verbindung mit den im betreffenden Prozess benannten Zeugen aufzunehmen. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts ist Ciftlik nach Aktenlage "dringend verdächtig", die Taten begangen zu haben. Lediglich hinsichtlich einer ebenfalls zunächst vermuteten Verleumdung fehle der Tatverdacht. Bei diesem zunächst angeklagten Punkt ging es um Ciftliks öffentlich geäußerte Verdächtigungen, die einstigen SPD-Genossen Petersen und Böwer hätten ein Komplott geschmiedet. Als angeblichen Beleg hatte Ciftlik zwei Vermerke aus dem LKA präsentiert, in denen die Abgeordneten ihn denunzieren. Sie waren gefälscht.

Schon 2010 kamen zwei mutmaßliche Straftäter aus der U-Haft frei, weil ein Gericht das Verfahren nicht schnell genug vorantrieb. Die damals 17-Jährigen, die nach Überzeugung der Richter einen Dachdecker in Harburg wegen 20 Cent getötet hatten, wurden später zu mehr als drei Jahren verurteilt.